«Am Ende hat er einen Schuh nach mir geworfen», erzählt Lena. Wir treffen uns in einem Zürcher Café, es ist später Nachmittag, die Herbstsonne fällt sanft durchs grosse Fenster hinter uns. Lena ist Anfang dreissig und heisst eigentlich anders, sie möchte ihren Namen nicht in einem Artikel über emotionale Gewalt in romantischen Beziehungen lesen. Dass sie über ihre Erfahrungen mit jemand anderem als ihren Freund:innen und ihrer Therapeutin spricht, ist ein nächster wichtiger Schritt in ihrem Heilungsprozess, erzählt sie. Wenn Lena spricht, hat sie wache, neugierige Augen und eine weiche Stimme. Aber ihre Teetasse stellt sie manchmal derart bestimmt auf den Unterteller, dass der Löffel daneben wackelt.

Ihren heutigen Ex-Freund hat Lena während ihres Studiums in Deutschland kennengelernt. Es ging alles ganz schnell, «von null auf hundert»: erstes Date, zweites Date, Nonstop-Kontakt via Whatsapp, bereits nach zwei Wochen eine gemeinsame Reise nach Paris, Champagner auf den Champs-Élysées, dann das Kennenlernen seiner Eltern. Nach wenigen Monaten ziehen die beiden zusammen, Lena ist bis über beide Ohren verliebt. Im Rahmen des Studiums müssen beide ein Praxissemester absolvieren. Ihr Partner schlägt Lena vor, das im selben Betrieb zu tun wie er. Sie willigt ein. Es ist auch seine Entscheidung, dass Lena nach dem Studium mit ihm in die Schweiz zieht, wo er nach der Uni einen Job anfängt.

«Wie hat alles angefangen?»

Lena: «Rückblickend fällt mir natürlich einiges auf. Aber damals war mir nicht bewusst, was geschieht. Ich habe vieles als Kleinigkeiten abgetan. Wenn wir gestritten haben, sagte er beispielsweise, ich solle mich nicht so anstellen und ich nerve ihn. Dann verliess er den Raum.»

Lena fühlt sich wohl in der neuen Stadt, findet einen Job, der ihr Spass macht. Freund:innen hat sie aber lange keine. Wie auch? Ihr Freund ist enttäuscht, wenn sie ohne ihn etwas unternehmen will, macht ihr ein schlechtes Gewissen. Lena besucht ab und zu Yogaunterricht im Studio wenige Strassen von der gemeinsamen Wohnung entfernt. Ein Feierabenddrink mit Kolleg:innen liegt aber nicht drin. Zu stark ist das Gefühl, das ihr sagt: Ich muss nach Hause zu ihm, sonst wird er wütend.

Emotionale Gewalt beginnt schleichend

Lena erlebte den üblichen Ablauf von emotionaler Gewalt in Beziehungen: Übertriebene Eifersucht und das Kontrollieren der Partnerin oder des Partners sind oft die ersten Anzeichen, bevor das Verhalten schlimmer wird. Die rosarote Brille blendet zu Beginn vieles aus – das legt den Grundstein für später. Das bestätigen auch Simone Eymann und Miriam Steffen von #withyou, einer Website, auf der sich Betroffene Hilfe holen können. Das Projekt soll unter anderem auf das Thema emotionale Gewalt aufmerksam machen und dafür sensibilisieren. Lanciert wurde es von Tech Against Violence, einem Spin-off des schweizerischen Frauendachverbands alliance F für die Entwicklung digitaler Lösungen gegen Gewalt. Im Projekt stecken eineinhalb Jahre Recherche und ein intensiver Austausch mit Expert:innen für emotionale und tätliche Gewalt an Frauen.

Das Herzstück des Projekts bilden 15 Fragen zur Gesundheit einer Beziehung. Der Fragebogen zeigt auf, wie niederschwellig emotional übergriffiges Verhalten beginnen kann. Zum Beispiel: Bist du unsicher, wie du mit deinem Partner oder deiner Partnerin kommunizieren sollst, aus Angst vor der Reaktion? Kritisiert er oder sie dich laufend? Die Antworten können Aufschluss darüber geben, ob emotionale Gewalt in der Beziehung vorkommt. Betroffene finden auf der Website professionelle Anlaufstellen. Für Angehörige, die in ihrem Umfeld eine gewalttätige Beziehung beobachten, gibt es entsprechende Tipps.

«Sehr viele toxische Beziehungen beginnen wahnsinnig leidenschaftlich», erklärt Miriam Steffen während eines Zoom-Calls, wenige Tage nach dem Treffen mit Lena. Dazu gehört oft das sogenannte «love bombing»: Viel zu schnell und übertrieben überschüttet die eine Seite – die Täter:innen – ihre Partner:innen mit Komplimenten und Liebesbekundungen, tragen sie auf Händen und erfüllen ihnen jeden Wunsch. Von null auf hundert, Champagner auf den Champs-Élysées. Und später folgt die Bestrafung, wenn das Gegenüber es wagt, ein eigenes Leben zu führen. «Es ist klassisch, dass Täter:innen den Opfern ein schlechtes Gewissen machen, wenn sie Zeit mit Anderen verbringen wollen. Das ist eine typische Strategie, um das Gegenüber emotional abhängig zu machen», erklärt Eymann.

Oft reagieren die Täter:innen mit Liebesentzug. Sie wollen zum Beispiel keinen Sex mehr, umarmen ihre Partner:innen nicht mehr und blocken jegliche Gesprächsversuche ab – letzteres nennt man «silent treatment»immer mit der Begründung, dass das Gegenüber etwas «falsch» gemacht hat und Schuld an dieser Reaktion ist. Emotionale Gewalt entwickle sich schleichend und mittels Grenzüberschreitungen, die immer ein bisschen extremer werden, führt Steffen aus: «Das macht es so schwierig greifbar. Und darum fragen sich Betroffene oft lange, ob sie sich das alles einbilden – manchmal zu lange.»

Miriam Steffen, #withyou
Sehr viele toxische Beziehungen beginnen wahnsinnig leidenschaftlich.

«Wie hat sich sein Verhalten verändert?»

Lena: «Es waren ganz kleine Schritte der Abwertung. Er fing plötzlich an, mein Aussehen zu kritisieren. Er sagte, dass ich mich mit diesem mädchenhaften Rossschwanz nicht zu wundern brauche, dass ich bei der Arbeit nicht ernst genommen werde. Einmal machte er einen Friseurtermin für mich, und ich bin tatsächlich hingegangen. Das ist heute unverständlich für mich.»

Das Paar ist etwa ein Jahr zusammen, als Lenas Partner den Kaufvertrag für einen teuren Luxuswagen unterschreibt, sie dazu überredet, ihre Unterschrift neben seine zu setzen und sich finanziell am Auto zu beteiligen. Fahren darf sie es aber nie, im Gegenteil: Lenas Freund nutzt es für Machtspielchen mit ihr. Als Studentin überlebte Lena nur knapp einen Autounfall, seither hat sie Angst, schnell zu fahren. Ihr Partner weiss das – und brettert immer wieder mit ihr auf dem Beifahrersitz mit 200km/h über die Autobahn: «Ich hatte solche Panik, dass ich jeweils nicht mehr sprechen und mich nur noch am Sitz festkrallen konnte.»

Auch in anderen Bereichen der Partnerschaft nahm ihr Freund immer weniger Rücksicht auf Lena: Scharfes Essen mag sie nicht, aber die Gerichte, die er für sie kocht, werden plötzlich immer schärfer. «Wenn ich gesagt habe, dass ich das Essen nicht mag, sagte er zu mir, ich solle mich nicht so anstellen. Er habe das schliesslich extra für mich zubereitet.» Er beginnt plötzlich, Zigarre zu rauchen, obwohl Lena sich vor dem Gestank ekelt. Solche Machtspiele sind typisch für toxische, gewalttätige Beziehungen, erzählt Simone Eymann: «So manipulieren die Täter ihre Opfer. Und weil es so langsam geschieht, merkt man lange nicht, was überhaupt vor sich geht.»

Emotionale Gewalt legt den Nährboden für physischen Missbrauch

Der Körper spürt lange vor dem Geist, sagt man. Lena leidet plötzlich unter starken Kreuz- und Kopfschmerzen, die sich wochenlang nicht verbessern. Dass das Hilferufe ihrer Psyche waren, realisierte sie erst viel später, erzählt sie. Sie erinnert sich an einen Abend vor sieben Jahren: Ihr Partner ist zu einer Feier eines Kollegen eingeladen, ein grosser Anlass in einer anderen Stadt, die Einladung erhielten die beiden schon Wochen zuvor. Lena freut sich auf den Abend, ein Wochenende zu zweit, weg von zu Hause, das würde ihnen gut tun. Schon Tage zuvor fragt sie, wann die beiden losfahren müssen. Er vertröstet sie immer wieder. Am Tag der Feier steht er plötzlich mit gepackten Taschen vor ihr: «Du kommst nicht mit. Du hast ja kein Interesse, das habe ich meinem Freund auch so gesagt.»

Lena
Wenn ich gesagt habe, dass ich das Essen nicht mag, sagte er zu mir, ich solle mich nicht so anstellen. Er habe das schliesslich extra für mich zubereitet.

Dieses Verdrehen von Tatsachen nennt man im Fachjargon «Gaslighting», erklärt Simone Eymann. Es ist eines der stärksten Anzeichen für eine toxische Beziehung: «Die Täter geben dem Opfer so das Gefühl, langsam aber sicher den Verstand zu verlieren. Es ist ein extrem gefährliches Instrument der Manipulation, und die Betroffenen spüren die Folgen oft noch Jahre später: Sie trauen ihrer eigenen Wahrnehmung der Realität nicht mehr.» Lena fängt an, «Trennungsberaterin» und Psychotherapeutinnen zu googeln, «aber eher halbherzig. Ich dachte eigentlich, mit mir stimmt etwas nicht, aber ich wusste auch, dass diese Beziehung so nicht mehr gesund ist.» Und dann passiert etwas Typisches für emotionale Gewalt in Beziehungen: Sie resultiert in tätlicher Gewalt.

Als Lenas Partner von der Feier zurückkehrt, sitzen sie zusammen am Küchentisch, er will ihr Fotos vom Abend zeigen. «Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht sehen will», erzählt sie. Zum ersten Mal wird sie ihrem Freund gegenüber laut, schlägt mit beiden Händen auf den Küchentisch. Ein erstes, klares Ziehen von Grenzen. Ihr Partner zuckt zuerst zusammen, herrscht sie dann an, sie könne sich ja wirklich nie für ihn freuen. Sagt zu ihr, was für eine missgünstige Person sie doch sei. Dann steht er auf, zieht sich an und schleudert einen Schuh aus der Garderobe in ihre Richtung, bevor er die Wohnung verlässt: «Da wusste ich: Hier ist eigentlich gar nichts mehr gut.»

Warum bleiben Betroffene in toxischen Beziehungen?

Wenige Wochen später nimmt Lenas Partner eine neue Stelle an, 150 Kilometer vom gemeinsamen Wohnort entfernt. Er unterschreibt den Mietvertrag für die neue Wohnung, Lena steht dort als Mitmieterin: «Heute glaube ich, dass ich einfach ein bequemer Pluspunkt für ihn war, damit er die Wohnung bekommt. Zwei Vollverdiener:innen sind natürlich besser als eine:r.» Er möchte, dass sie mitkommt. Aber sie will nicht. Als sie ihm ihren Entscheid eröffnet, ist er beleidigt, beschimpft sie. Sie bricht auf dem Badezimmerboden zusammen, weint stundenlang und schaut zur Beruhigung Tierdokumentationen auf Youtube. Er sagt zu ihr, sie solle sich nicht so anstellen. Trost oder gar eine Entschuldigung bekommt sie von ihm nicht.

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Lena sucht eine WG, einen eigenen Ort für unter der Woche. Heute sagt sie: «Diese WG war meine Rettung. Ich hatte endlich das Gefühl, dass ich wieder frei atmen kann.» Zum ersten Mal seit Monaten schläft sie die Nächte durch. Trotzdem: An den Wochenenden fährt sie jeden Freitagabend zu ihm und kehrt am Sonntagabend zurück.

«Warum bist du nicht mit umgezogen?»

Lena: «Ich hatte mir ein Leben in der Stadt aufgebaut und wohne gerne hier. Und ich spürte, dass diese Beziehung keine lange Zukunft mehr haben würde. Heute glaube ich, dass ihm das nicht gepasst hat und er mich wieder für sich haben wollte.»

Warum kann es lange dauern, bis Frauen toxische Beziehungen verlassen? Die Gründe dafür sind vielfältig: Manchmal sind sie finanziell abhängig von ihren Partnern, ihre Aufenthaltsbewilligung ist an die Ehe geknüpft. Oder aber, die emotionale Gewalt ist bereits so weit fortgeschritten, dass man sich ein Leben ohne den Partner gar nicht mehr vorstellen kann. Auch Lena konnte sich lange nicht lösen, weil auf jede Peitsche ein Zuckerbrot folgte. Für jeden Streit, jede Beleidigung gab es eine kitschige SMS, ein kleines Geschenk, herzzerreissende Entschuldigungen.

Dieses Verhalten benennen Eymann und Steffen ebenfalls als klassische Instrumente, die Täter:innen anwenden: Die Opfer wissen gar nicht mehr, woran sie sind, können sich innerhalb der Beziehung nie in Sicherheit wiegen. Diese Art der emotionalen Kontrolle führt dazu, dass Betroffene das Gefühl haben, sie laufen auf Eierschalen. Der nächste Wutausbruch könnte jederzeit kommen. Zudem merken viele Betroffene lange nicht, dass sie überhaupt emotionale Gewalt erleben. Und später schämen sie sich: «Niemand will Opfer sein», sagt Miriam Steffen.

«Ich war mit Überleben beschäftigt»

Es war eine Tischreservation, die Lena endgültig dazu brachte, einen Schlussstrich zu ziehen. Nach einer Woche voller Streitereien schickt ihr Partner ihr eine SMS. Er sei eigentlich mit Kollegen zum Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt verabredet gewesen, aber das Treffen sei ins Wasser gefallen. Er habe stattdessen in einem eleganten Restaurant reserviert: «Ich will alles wiedergutmachen.» Noch einmal, sagt sich Lena. Noch einmal gebe ich ihm eine Chance. Als sie bei ihrem Partner ankommt, spürt sie: Etwas stimmt hier nicht. Zum ersten Mal in ihrem Leben durchstöbert sie die Nachrichten auf dem Handy ihres Freundes, als er unter der Dusche steht. Und ihr Bauchgefühl täuschte sie nicht. Lena liest: Der Tisch im Restaurant war eigentlich für ein Date mit einer anderen Frau reserviert, die das Treffen schliesslich abgesagt hat. Lena verlässt die Wohnung, verlässt ihren Freund. Schreibt ihm, dass sie die Nachrichten gelesen hat. Erklärt, wie verletzt sie ist. Er reagiert mit Beschuldigungen und schreibt ihr, dass er einen schönen Sonntag hatte, den sie ihm nun versaut habe. Dass sie schuld sei, dass er sich in der Beziehung eingeengt fühle.

Am nächsten Wochenende fährt er zu ihr und bringt ihre persönlichen Gegenstände aus seiner Wohnung vorbei. Zumindest einen Teil. Bis Lena ihren Zweitschlüssel, ihre Wanderschuhe und eine Lampe wieder zurückbekommt, muss sie lange betteln. Sie zeigt mir die Nachrichten auf ihrem Handy, die sechs Monate lang unbeantwortet blieben. Eine weitere Machtdemonstration seinerseits. Es sollte die letzte bleiben. Lena stürzt sich nach der Trennung in die Arbeit, definiert sich nur noch über ihren Job, feiert viel und unternimmt lange Reisen: «Ich habe alles von mir weggeschoben. Heute würde ich sagen: Ich war mit Überleben beschäftigt».

Schliesslich beginnt Lena eine Psychotherapie: «Anzuerkennen, was mir angetan wurde, war so ein wichtiger Schritt. Heute kann ich nicht mehr verstehen, wie ich diese Zeichen nicht sehen konnte.» Während unseres Gesprächs erwähnt sie immer wieder, wie «dumm» das doch eigentlich war. Auch das ist typisch für Betroffene von emotionaler Gewalt: Sie suchen und finden den Fehler auch lange Zeit nach dem Erlebnis immer wieder bei sich selbst. Weil das Gegenüber sehr bewusst manipuliert und lügt, mit dem Ziel, die Partner:innen klein zu halten – auch über die Beziehung hinaus.

Lena
Anzuerkennen, was mir angetan wurde, war so ein wichtiger Schritt. Heute kann ich nicht mehr verstehen, wie ich diese Zeichen nicht sehen konnte.

Femizide werden in der Schweiz nicht statistisch erhoben

Lenas Trennung ist bald fünf Jahre her. Es brauchte vermeintlich kleine Erlebnisse, damit sie merkte, wie toxisch ihre Beziehung war und wie sehr ihr Ex-Freund ihren Selbstwert zerstört hatte: «Ich durfte nie selber bestellen, wenn wir zusammen essen waren. Im Gegenteil: Wollte ich Weisswein, bestellte er eine Flasche Rotwein, bei der ich mittrinken musste.» Als ein Date Lena im Restaurant Monate nach der Trennung die Karte reicht und fragt: «Was möchtest du?», schiessen ihr die Tränen in die Augen. «Diese Erkenntnis und diese simple Geste waren rückblickend wahnsinnig heilsam», sagt sie heute. Lena hatte Glück im Unglück. Wenn emotional missbräuchliche Täter merken, dass ihre Partner:innen sich aus der Beziehung lösen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder ziehen sie weiter und suchen sich ein neues Opfer. Oder sie schreiten zur Tat. Die beginnt oft mit Stalking oder SMS-Terror und endet mit einem physischen Angriff – oder, im schlimmsten Fall, mit Tötung.

Emotionale Gewalt ist eine Stufe in der sogenannten Gewaltpyramide, an deren Spitze Femizide stehen. So nennt man die Tötung von Frauen und Mädchen aufgrund des Geschlechts. Oft geschehen Femizide im partnerschaftlichen Umfeld, also etwa in Fällen von häuslicher Gewalt. Der Täter will beispielsweise nicht, dass seine Ehefrau ihn verlässt, weil seine Kontrolle über sie damit beendet wäre. Also tötet er sie. In der Schweiz werden Femizide übrigens von offizieller Seite noch immer nicht statistisch erhoben, das Bundesamt für Statistik erhebt einzig Zahlen zur häuslichen Gewalt. Aktuell führt das private Kollektiv «Stop Femizid» Buch über die geschlechtsspezifische Tötung von Frauen. Und die Zahlen sind schockierend: Jede Woche kommt es zu einem Tötungsversuch an einer Frau, alle zwei Wochen stirbt eine, oft durch die Hand ihres Ehemannes, Vaters, Bruders oder Ex-Partners – und die Dunkelziffer dürfte riesig sein. Der aktuellste Fall ereignete sich vor wenigen Tagen in Altstetten.

So weit kam es bei Lena zum Glück nicht, sie schaffte die Trennung rechtzeitig und in Sicherheit. Heute ist sie glücklich verliebt, in einer gesunden Beziehung und hat mit ihrem Partner einen kleinen Sohn. Ihre Therapeutin sieht sie nach wie vor, je mehr Zeit verstreicht, desto weniger oft. Von ihrem Ex erzählt sie ihrem neuen Partner in kleinen Happen. So lange, bis sie selbst alles verdaut hat.

— Die Aktionstage «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» haben dieses Jahr Femizide, beziehungsweise Feminizide*, zum Kernthema und machen mit verschiedenen schweizweiten Aktionen auf die Thematik aufmerksam.

*Feminizide nennt man Morde an Frauen, die aufgrund strukturellen Versagens ungestraft bleiben. Etwa, weil die Polizei nicht oder nicht genügend ermittelt oder einschreitet oder weil entsprechende Gesetze zum Schutz der Frauen fehlen.

Bist du von emotionaler und/oder körperlicher Gewalt betroffen? Hilfe und Beratung gibt es in den Opferberatungsstellen der einzelnen Kantone – kostenlos, vertraulich und anonym auf www.opferhilfe-schweiz.ch. Auch Frauenhäuser bieten telefonische Beratungen und Auskünfte an – viele von ihnen rund um die Uhr.

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