Mega-Rabatte auf Kleider, Elektronikartikel oder Parfums – der 26. November ist ein Höhepunkt für Schnäppchenjäger:innen. Auch der Schweizer Onlinehandel profitiert. Letztes Jahr wurde am Black Friday ein Umsatz von 125 Millionen Franken generiert, ein Rekordhoch. Gleichzeitig ist die Flut an Retouren immens. Noch lange nicht alle Einkäufe werden behalten, das zeigt die Rücksendequote von 23 Prozent im letzten Jahr.

Retouren für die Tonne

Die Umweltorganisation Greenpeace warnt schon länger, dass Retouren von Herstellern im grossen Stil vernichtet werden. Nebst dem Online-Riesen Amazon hat auch der Sportkonzern Nike kürzlich Schlagzeilen gemacht. Ein Reporterteam aus Deutschland deckte auf, dass Nike Neuwaren systematisch vernichtet. Getarnt wurde die Aktion mit einem Recyclingprogramm. Mit ausgetragenen Sportschuhen schredderte Nike auch gleich nigelnagelneue Retouren mit, die an den Konzern zurückgeschickt worden waren.

Die Gründe für diese Vernichtungen sind oft wirtschaftlicher Natur. In Deutschland bitten laut einer Studie des EHI Retail Instituts gar ein Drittel der Onlinehändler ihre Kundschaft, Waren trotz Retouren-Anmeldung zu behalten. Die Händler geben an, dass es aufgrund hoher Kontroll-, Reinigungs- und Transportkosten wirtschaftlich bei manchen Produkten keinen Sinn mache, diese für den erneuten Verkauf aufzubereiten.

Mit der Vernichtung von Neuwaren verhalten sich Händler in Deutschland mittlerweile gesetzeswidrig. Laut dem Kreislaufwirtschaftsgesetz hat die Abfallvermeidung oberste Priorität in der Abfallhierarchie. Konkret bedeutet dies für Onlinehändler, dass sie Neuwaren günstiger verkaufen oder spenden sollen, um Abfälle zu verhindern.

Endstation Occasion-Plattform oder Outlet

In der Schweiz fehlt ein solches Gesetz momentan. Zero-Waste Expertin Barbara Wegmann von Greenpeace erklärt: «Einen wichtigen Lösungsansatz sehen wir in der Reparatur von Produkten, damit wir diese länger nutzen können.» Deshalb fordert Greenpeace Schweiz ein Recht auf Reparatur. Händler in der Schweiz sollen demnach reparierbare Produkte auf den Markt bringen und Zugang zu Ersatzteilen sicherstellen.

Trotz fehlender Gesetze hierzulande versuchen Onlinehändler, mit verschiedenen Projekten die Entsorgung von Produkten zu minimieren. So führt der grösste Onlinehändler der Schweiz, Digitec Galaxus, seit  mehreren Jahren einen Secondhandladen. Mediensprecher Stephan Kurmann erklärt, dass jegliche Retouren bei Digitec Galaxus auf ihren Zustand geprüft werden. Dabei würden rund ein Viertel der Produkte nicht als neuwertig eingestuft, weil sie Mängel an der Optik, Funktionalität oder Verpackung aufweisen. «Einen Grossteil davon verkaufen wir auf unserer Occasion-Plattform, die restlichen Produkte spenden wir für wohltätige Zwecke», so Kurmann. Zusätzlich können auch Privatpersonen gebrauchte Produkte auf der Plattform zum Wiederverkauf anbieten. Und dieses Geschäft floriert: Digitec Galaxus verzeichnet ein hohes Wachstum in Bezug auf diese Wiederverkaufs-Option.

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Ähnlich handhabt Kleiderhändler Zalando retournierte Ware. Artikel, die von der Vorsaison sind und nicht mehr über den Zalando Shop verkauft werden können, bietet der Konzern auf «Zalando Lounge» mit Rabatten an. Artikel mit kleineren Mängeln wie fehlenden Knöpfen werden in Outlets verkauft. Schliesslich werden Restbestände auch an Organisationen wie Humedica gespendet. Laut einer Pressemitteilung von Zalando «werden Waren nur in Ausnahmefällen vernichtet, zum Beispiel wenn dies aus gesundheitlichen Gründen notwendig ist».

Für Zero-Waste Expertin Wegmann reicht dies allerdings noch nicht. Sie sagt: «Retouren verursachen zusätzlichen Transport und somit hohe CO2-Emissionen. Die Aufbereitung von Retouren erfolgt teilweise sogar im Ausland, etwa in Osteuropa, was weitere Transporte mit sich zieht.» Eine Möglichkeit, um Rücksendungen zu reduzieren, sieht sie etwa bei der Bepreisung der CO2-Emissionen, die durch den Transport entstehen. Gemäss einer Studie aus Deutschland könnte dies die Zahl der Retouren um rund 15 Prozent senken.

Barbara Wegmann, Greenpeace
Retouren verursachen zusätzlichen Transport und somit hohe CO2-Emissionen.

Nachhaltige Rabattschlachten? Ein Widerspruch!

Nicht nur die Retouren von Onlinebestellungen sind für die Umwelt eine Belastung. Greenpeace sieht auch bei der Verpackung von Produkten sowie der Ökologisierung des Fahrzeugparks Handlungsbedarf. Dem ist sich auch Digitec Galaxus bewusst. Um Müllberge zu reduzieren, arbeitet der Onlinehändler an der Automatisierung von Verpackungsprozessen. Die Maschine passt Verpackungen den Produkten an und stellt sicher, dass keine Leerräume entstehen. Damit habe Digitec Galaxus im vergangenen Jahr bereits 15 Prozent Karton eingespart, so Kurmann. Zusätzlich will der Onlinehändler künftig vermehrt mit der Post-Tochter Notime zusammenarbeiten, welche bei der Auslieferung auf der letzten Meile auf CO2-neutrale E-Kleinfahrzeuge setzt. In Zürich läuft dieses Projekt bereits.

Trotz all dieser Bemühungen ist die Nichtregierungsorganisation Solidar Suisse gegenüber Black Friday und der damit verbundenen Rabattschlacht kritisch. Die für die  Kampagnen Verantwortliche Fabienne Widmer sagt: «Durch Konsum im Übermass wachsen nicht nur die Müllberge stetig. Auch der Ressourcenverbrauch bei der Produktion wird erhöht, was Umwelt und Klima stark belastet.» Mit einer Petition fordert Solidar Suisse deshalb plakativ eine Beendigung von Black Friday. Damit will die Organisation zum Nachdenken in Bezug auf moderaten Konsum anregen, nicht nur an diesem einen Rabatt-Tag im November.

Barbara Wegmann, Greenpeace
Der wichtigste Schritt ist, sich zu fragen, ob man ein Produkt wirklich braucht. Und wenn ja, ob man ein älteres Produkt reparieren oder ein Occasion-Modell finden könnte.

Barbara Wegmann von Greenpeace sieht auch für die Konsument:innen Möglichkeiten, die Nachhaltigkeit des Onlinehandels zu verbessern: «Der wichtigste Schritt ist, sich zu fragen, ob man ein Produkt wirklich braucht. Und wenn ja, ob man ein älteres Produkt reparieren oder ein Occasion-Modell finden könnte.»

Die schmutzigste Industrie der Welt
Noch nie haben wir so wenig Geld für so viele Kleider ausgegeben. Das Konsumverhalten beschleunigt sich durch die Ultra-Fast-Fashion, die ihre Billigstware auf Tik Tok bewirbt. Den Preis bezahlen die Arbeiter:innen der Textilindustrie sowie die Umwelt.