Du hast dir im zarten Alter von 26 Jahren die Morgenshow bei Radio 24 geangelt. Wie hast du das gemacht?

(Rutscht nervös auf dem Stuhl hin und her.) Ich war ein Radiokind und wusste schon immer, dass ich mal Radio machen möchte. Im Paraplegiker-Zentrum Nottwil hatte ich schon mit etwa 14 Jahren gemeinsam mit meinem Cousin eine Radiosendung. Weil ich so jung damit angefangen habe, hat es sich mit 26 gar nicht mehr so angefühlt, als wäre ich jung. Ich war in Sachen Radio fast ein alter Hase.

Hast du dich nie gefragt, ob deine jugendliche Schönheit und deine tolle Stimme deine Karriere befeuert haben?

(Lacht verlegen.) Du meinst, ich habe ein gutes Radiogesicht? Ernsthaft: Ich glaube nicht, dass mein Aussehen zu meiner Karriere beim Radio beigetragen hat. Und ganz ehrlich, ich fand auch nie, dass ich eine besonders tolle Radiostimme habe. Mich hat immer interessiert, wie man eine Geschichte erzählt, sie dramaturgisch aufbereitet und wie man eine Sendung fährt. Das war mein Fokus.

Deine Gäste wickelst du aber bestimmt hin und wieder mit deinem Lächeln um den Finger?

(Lacht angespannt und ist sichtlich froh, als der Kaffee serviert wird.) Ich habe mir wirklich noch nie überlegt, ob mein Aussehen die Stimmung bei einem Interview beeinflusst. Aber klar, eine sympathische Art ist sicher hilfreich, um Menschen abzuholen und eine familiäre, freundschaftliche Atmosphäre für ein Gespräch zu schaffen.

Dominik Widmer
Ich hänge mich nicht gerne an die grosse Glocke.

Haben dich als Mann die ganzen Knöpfe und die Technik beim Radio nicht abgeschreckt?

Oh doch! Der Horror beim Radio machen ist tatsächlich, wenn die Technik nicht funktioniert. Kleine Fehler kann ich inzwischen beheben. Bei grösseren Problemen bin ich komplett ausgeliefert.

Erinnerst du dich an eine solche Situation?

Wir hatten mal einen Stromausfall – zusammen mit der halben Stadt Zürich und genau während der Bundesratswahl. Unser Notstromaggregat hat noch funktioniert, darum konnten wir weitersenden. Alle haben was rumgehebelt, die Redaktor:innen lasen die Nachrichten von den iPads ab, und meinen Talkgast, der vor dem Studio gewartet hat, habe ich komplett vergessen. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass die Computer auf der Redaktion nicht an den Notstrom angeschlossen waren, aber immerhin die Kaffeemaschine.

Als Mann fällt es dir sicher schwer, in solchen Momenten cool zu bleiben.

(Zaghaftes Lächeln.) Spontan zu reagieren liegt mir, glaube ich, ganz gut. Das ist wohl nicht eine Frage des Geschlechts, sondern eher des Typs und der Verfassung. Mir gelingt das nicht immer gleich gut. Wenn ich ausgeschlafen und energetisch auf der Höhe bin, geht’s besser. Wenn nicht, dann klemmt’s auch mal. Das ärgert mich.

Du bist eine ziemliche Rampensau. Wo bleibt deine männliche Bescheidenheit?

(Wirkt plötzlich schüchtern.) Die hab ich – ganz fest.

Tatsächlich?!

Ja, wirklich. Ich mache gar nicht gerne Eigenwerbung. Momentan muss ich eine Veranstaltung bewerben, bei der ich als Talkmaster auf der Bühne stehe. Da kämpfe ich mit zwei Seiten: Einerseits finde ich es toll, den Leuten davon zu erzählen. Andererseits ist es mir unangenehm.

Weil du an dir und deiner Leistung zweifelst?

Wahrscheinlich … (guckt, als hätte er gerade eine Erkenntnis). Doch, ja. Es ist sicher ein Thema des Selbstwerts. Wenn ich Werbung mache, muss ich den «geilen» Typen raushängen und allen sagen, dass es ein supertoller Event wird. Obwohl ich doch noch gar nicht weiss, ob es wirklich gut wird. Das ist mir unangenehm. Ich hänge mich nicht gerne an die grosse Glocke.

Dafür tust du das aber ganz schön oft.

Ich weiss! Aber eigentlich geht es mir bei meiner Arbeit nicht um mich. Ich möchte vielmehr Menschen, die etwas zu erzählen haben, eine Plattform bieten. Das finde ich das Schöne an meinem Job.

Jetzt gibst du dich aber sehr bescheiden.

(Schmunzelt.) Hmm, stimmt. Vielleicht ist es etwas heuchlerisch, zu sagen, es geht überhaupt nicht um mich. Natürlich stehe ich auch gerne auf der Bühne. Aber ich finde es wirklich spannend, wenn Leute ihre Geschichte teilen.

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Wie wichtig ist dir, was andere von dir denken?

Wenn man in irgendeiner Form in der Öffentlichkeit steht, muss man sich mit diesem Thema befassen. Ich habe da einen Prozess durchgemacht, um authentisch sein zu können. Inzwischen ist es mir nicht mehr so wichtig wie früher, was andere von mir halten. Ich habe gelernt, mich abzugrenzen.

Bist du nervös vor Sendungen oder Auftritten?

Vor Sendungen nicht, vor Bühnen schon.

Wie gehst du damit um?

Ich war immer schon sehr nervös vor Auftritten. Phasenweise war mein Lampenfieber so stark, dass es mich richtiggehend blockiert hat. Das war sehr unangenehm. Ich habe mich intensiv damit auseinandergesetzt. Inzwischen weiss ich, wie ich mit diesen Gefühlen umgehen kann, und habe Strategien zur Bewältigung. Die Thematik hat mich so stark beschäftigt, dass ich selbst ein Auftrittskompetenz-Training aufgebaut habe. Ich coache und helfe anderen Menschen, die unter starkem Lampenfieber leiden.

Bist du ein einfühlsamer Coach?

Ja, das ist mir wichtig. Lampenfieber oder die Angst, vor Menschen zu reden, hat viel mit Glaubenssätzen und Selbstwert zu tun. Da werden Urängste aktiviert. Beispielsweise die Angst, von einer Gruppe ausgestossen zu werden. Da muss man behutsam vorgehen.

Du bist seit elf Jahren bei Radio 24. Fehlt dir der Mut, zu wechseln?

Das habe ich mich auch schon gefragt. Ich hatte auch schon Krisen, weil ich das Gefühl hatte, alles stagniert, und ich komme nicht weiter. Wenn ich dann aber rausgezoomt habe, musste ich feststellen, dass sich der Sender, meine Arbeit und auch ich immer weiterentwickelt haben. Mittlerweile bin ich 60 Prozent als Moderator tätig, baue innerhalb des Konzerns eine Academy für junge Journalist:innen mit auf und bin daneben noch selbstständig.

Wie steht es denn um die Familienplanung?

Puh, da bin ich weit davon entfernt.

Dann bist du Single?

Ich lerne gerade jemanden kennen.

Hast du denn keine Torschlusspanik? Immerhin bist du schon 36.

Tatsächlich habe ich vor ein paar Jahren gemerkt, dass es auch die männliche Torschlusspanik gibt. Ich war joggen und habe Männer in meinem Alter gesehen, die mit ihren Kindern herumtollten. Das hat mich berührt. Da hab ich mich schon gefragt, ob das jetzt ein Zeichen dafür ist, dass ich das auch gerne hätte.

Dominik Widmer
Ich hatte mit 27 eine echte Quarterlife-Krise. Die Aussicht, bald 30 zu werden, hat mich total gestresst.

Wie würdest du Kinder und deine Karriere unter einen Hut bringen?

Sollte ich mal Kinder haben, würde ich Zeit mit ihnen verbringen wollen. Das muss jede Familie für sich entscheiden, aber ich bin ein Verfechter davon, dass Väter gleich viele Tage mit ihren Kindern verbringen wie Mütter. Wie ich das dann regeln würde, weiss ich jetzt noch nicht.

Wie kommst du eigentlich mit dem Älterwerden klar?

(Überlegt kurz.) Würdest du nochmal zehn oder fünfzehn Jahre jünger sein wollen?

So zehn Jahre schon. Das fand ich eine tolle Zeit. Du nicht?

(Hängt den Gedanken nach.) Ich fand die Zeit auch gut. Aber ich hatte mit 27 auch eine echte Quarterlife-Krise. Die Aussicht, bald 30 zu werden, hat mich total gestresst. Mir hat mal jemand gesagt, mit 30 müsse man wissen, was man im Leben wolle. Danach sei der Zug abgefahren.

Hat sich das bewahrheitet?

Überhaupt nicht. Ich finde, es wird immer besser. Eine gewisse Reife zu haben, ist toll. Und wenn ich sehe, womit sich die heutigen 20-Jährigen beschäftigen müssen, unter welchem Druck sie stehen – auch aufgrund von Social Media –, dann möchte ich echt nicht tauschen.

Wie verändert sich dein Körper mit dem Alter?

Ich habe tatsächlich beim Joggen festgestellt, dass mein Rücken das nicht mehr einfach so mitmacht. Also mache ich jetzt Rumpfübungen, Pilates und Yoga.

Und wie sieht's aus mit Cellulite, Falten und  Problemzonen?

Ich bin eigentlich ganz zufrieden mit meinem Körper. Es ist, wie es ist. Ich bereite mich auch nicht auf die Badisaison vor oder so, wie das gewisse Bekannte von mir machen.

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Du hast dich insgesamt ganz gut gehalten.

(Lacht verlegen.) Danke, sehr charmant!

Gerne. Was ist denn dein Beautygeheimnis?

Bei einer TV-Sendung habe ich eine Visagistin kennengelernt. Die hat mir gesagt: In deinem Alter und mit einer Morgensendung braucht man eine Augencreme. Jetzt habe ich eine auf natürlicher Basis. Die trage ich jeden Abend auf. Wenn du also das Gefühl hast, dass ich keine Augenringe habe, dann liegt es an der Creme.

Sie scheint zu wirken. Worauf achtest du bei deinem Look?

Ich mags locker und legère. Ich trage am liebsten Jeans, ein Hemd oder ein T-Shirt und eine Jeansjacke – «all denim» beschreibt meinen Stil wohl am besten. Ich gehe selten einkaufen. Meist merke ich erst, wenn ich einen Anlass habe, dass ich wieder mal was Neues brauchen könnte. Beispielsweise kaufe ich mir jetzt für meinen Talk ein neues Hemd.

Aha, und was wählst du da so farblich? Was schmeichelt dir?

(Lacht herzhaft.) Da habe ich alle möglichen Phasen durchgemacht. Früher gefiel es mir kunterbunt, heute mag ich es dezent. So Vintage-Hawaii-Hemden gefallen mir aber auch immer noch. Ich habe noch ein Hemd, auf dem ganz viele Ananasse drauf sind.

Das wär doch was für die Bühne.

Ja, stimmt. Vielen Dank für den Tipp.

Bitte, bitte. Ich danke dir fürs Gespräch. Wie geht’s dir?

Es war interessant und lustig – aber auch sehr befremdlich zu realisieren, mit was für Fragen sich Frauen heute noch rumschlagen müssen.