Die Lohnungleichheit beginnt im Kindsalter

Mama, was bekomme ich zu Weihnachten?» Fragt mein Sohn. Auf jeden Fall viel mehr Geld als Mädchen. Das wäre die ehrlichere Antwort, als ihm etwas vom Christkind zu erzählen. Studien rechnen knallhart vor: Auf Jungs wartet mehr Geld unter dem Tannenbaum als auf Mädchen. Jede der zahlreichen Umfragen, die ich gesichtet habe, zeigt, dass Eltern knausriger sind mit Mädchen als mit Jungs.

So erhalten Mädchen hierzulande später Taschengeld. 43 Prozent der 5- bis 7-jährigen Buben bekommen einen Batzen, aber nur 28 Prozent der gleichaltrigen Mädchen. Ob in den USA, Grossbritannien, Deutschland oder der Schweiz: Buben erhalten im Schnitt 12 bis 19 Prozent mehr Sackgeld als Mädchen. Sie haben auch eine höhere Chance, für ihre Ämtli bezahlt zu werden, als Mädchen. Die Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern beginnt also schon im Kindesalter.

Geld ist für Frauen ein einziger Stress

Das setzt sich dann fort: Frauen kommen über ihr ganzes Leben hinweg an weniger Geld. Sie starten mit weniger Taschengeld und verdienen im Beruf weniger. Weil sie weniger verdienen, erhalten sie weniger Kredite, zu mieseren Konditionen, überziehen eher ihr Konto, zahlen dadurch wiederum mehr Bankgebühren, können weniger investieren und müssen später mit kleineren Renten überleben.

Bis zum bitteren finanziellen Ende: Es ist für eine Frau viel wahrscheinlicher, altersarm zu sterben. Eine britische Studie hat berechnet, dass der Lohnunterschied am extremsten ist bei Frauen in ihren 50ern. Sie verdienen in diesem Alter 28 Prozent weniger als Männer. Die Lohnlücke wird also immer grösser.

Kurzum: Geld ist ein einziger Stress für Frauen. Und sie schämen sich, über Geld zu sprechen. 61 Prozent der Frauen würden lieber über den eigenen Tod reden als über Geld. Weshalb bloss? Männerrunden sprechen oft und selbstverständlich über Geld

Mädchen sollen sparen, Buben Vermögen aufbauen

In der Schweiz, wo die Frauen bis 1985 die Unterschrift ihres Ehemannes erbitten mussten, um ein Bankkonto zu eröffnen, erstaunt es nicht, dass sie finanziell immer noch tief verunsichert sind. Aber das Phänomen zeigt sich weltweit. Verschiedene amerikanische Studien liefern Antworten: Eltern sprechen mit Mädchen und Jungs anders über Geld. Sie lehren Mädchen zu sparen, und Buben, ihr Vermögen aufzubauen. Sie sprechen mit 61 Prozent der Knaben im Grundschulalter über Kredite und Kreditwürdigkeit, aber nur mit 43 Prozent der Mädchen. Jungs starten damit schon finanziell selbstsicherer ins Leben. Das ist wichtig, denn Geld-Gewohnheiten formen sich schon ab sieben Jahren.

«Geben Sie Ihren Töchtern eine Lohnerhöhung!»

Wie wäre es, in Frauenrunden absichtlich über Geld zu sprechen? Ja, das kostet. Es kostet sogar mich als Wirtschaftsjournalistin viel Überwindung. Aber es lohnt sich. Neue digitale Finanz-Blogs wie SmartPurse, Finelles, Hermoney und Fortunalista liefern schon mal viel guten Stoff.

Geld ist nicht alles, mag man einwenden. Aber Geld hat Macht. Es hat vor allem auch Macht, die Welt zum Besseren zu verändern. Deswegen ist es so wichtig, dass alle, die sie zum Besseren verändern wollen, auch Geld haben. Sprechen Sie mit Ihren Töchtern, Nichten, Enkelinnen über Geld, über Kredite, Aktien und Investitionen. Aber vor allem: Geben Sie Ihren Töchtern endlich eine Lohnerhöhung.