Warum haben Frauen weniger Rente?

In unserem Rentensystem von 1947 sind Frauen nicht mitgedacht worden: Beim ersten Entwurf der AHV war nicht vorgesehen, dass Frauen überhaupt eine Rente erhalten! Das Rentensystem ist für Männer erfunden worden, die Vollzeit erwerbstätig sind, keine Unterbrüche in der Laufbahn haben und zu Hause auch keine unbezahlten Arbeiten verrichten. Im bestehenden Rentensystem werden Biografien von Frauen fast durchgehend ignoriert – auch wenn hier und da in einer AHV-Revision an einer Schraube gedreht wurde: Unser Rentensystem ist von Männern für Männer gemacht worden.

Wer einen Lohn unter 1800 Franken pro Monat erwirtschaftet, ist von der Pensionskasse ausgeschlossen.

So funktioniert das Rentensystem

Unser Rentensystem kennt heute drei Säulen: Die Alters- und Hinterlassenenversicherung (kurz: AHV) ist die erste Säule, die Pensionskassen sind die zweite Säule, und dann gibt es noch das private Sparen über die dritte Säule. Wer in alle drei Säulen eingezahlt hat, hat nach der Pensionierung keine finanziellen Sorgen – so der Plan. Die erste Säule ist dazu gedacht, das Existenzminimum zu decken. Dort zahlt deine Arbeitgeberin automatisch ein, sobald du ein AHV-pflichtiges Einkommen verdienst. Die zweite Säule ist dazu gedacht, den bestehenden Lebensstandard im Alter zu halten. Hier zahlen deine Arbeitgeberin und du hälftig ein – wenn du dazu berechtigt bist.

Wer einen Lohn unter 1800 Franken pro Monat erwirtschaftet, ist von der Pensionskasse ausgeschlossen. Tiefe Löhne werden vom Koordinationsabzug (siehe Zusatztext) bestraft. Wenn Mütter ihre bezahlte Arbeit wegen kleiner Kinder aufgeben und nicht mehr gegen Geld arbeiten, sind sie von der zweiten und dritten Säule ausgeschlossen. Wenn Frauen unbezahlte Care-Arbeit leisten und nicht verheiratet sind, haben sie sogar Löcher in der AHV – hier sind sie nur versichert über den oder die Partner:in, wenn die Ehe eingegangen wurde. Menschen, die unbezahlte Care-Arbeit leisten, ohne vertraglich abgesichert oder verheiratet zu sein, gehen ein hohes Risiko ein!

Die dritte Säule ist als Extra gedacht, quasi das Zückerchen obendrauf. Hier müssen alle Arbeitnehmer:innen selber einzahlen – du bist also privat dafür verantwortlich.

Nur rund die Hälfte der Frauen in der Schweiz haben überhaupt eine Pensionskasse, bei den Männern sind es drei Viertel.

Warum die AHV für Frauen Vorteile bringt

Auch wenn sich einiges seit 1947 verbessert hat, sind Frauen aufgrund tieferer Löhne, Erwerbsunterbrüchen und unbezahlter Care-Arbeit noch immer benachteiligt, wenn es darum geht, ihre Altersvorsorge aufzubauen. Das gilt vor allem für die zweite und dritte Säule. In der ersten Säule, der AHV, erhalten Frauen ungefähr gleich viel Rente wie Männer; sie sind sogar vier Prozent im Vorteil. Das ist deshalb so, weil die AHV Erziehungs- und Betreuungsgutschriften kennt: Sie werden in der Zeit, in der Kinder und Angehörige betreut werden, als fiktives Einkommen angerechnet. Die AHV verteilt zudem Geld um: von Jung zu Alt, von Reich zu Arm, von Männern zu Frauen  – dies allerdings nur dann, wenn die beiden verheiratet sind: Wenn eine Frau beispielsweise ihr ganzes Eheleben nicht erwerbstätig war, erhält sie dennoch eine Rente zusammen mit ihrem Ehemann.

Das Problem ist die Pensionskasse

Schlecht sieht es aus mit dem Zugang zur Pensionskasse: Nur rund die Hälfte der Frauen in der Schweiz haben überhaupt eine Pensionskasse, bei den Männern sind es drei Viertel. Der Gender Pension Gap, also der Unterschied der ausbezahlten Renten, beträgt bei der Pensionskasse je nach Studie zwischen 60 und 67 Prozent.

Eine dritte Säule haben auch nur wenige Menschen: Bei den Männern sind es gut 30 Prozent und bei den Frauen bloss rund 15 Prozent. Männer können aber auch in der dritten Säule einiges mehr ansparen: Sie bekommen doppelt so viel ausbezahlt wie Frauen. Viele Menschen fangen zu spät an, in die dritte Säule einzuzahlen – oder sie können es sich nicht leisten. Zudem sind alle Menschen ausgeschlossen, die nicht erwerbstätig sind.

Neben der Tatsache, dass Frauen zu wenig mitgedacht wurden – was dringend politisch gelöst werden muss –, denken viele Menschen viel zu spät daran, dass sie für ihr Alter vorsorgen sollten.

Eine zweite und dritte Säule kann nur aufbauen, wer erwerbstätig ist; dies führt dazu, dass Frauen ein Drittel weniger Rente haben. Sie haben einen anderen Lebenslauf: Mehr Unterbrüche, oft weniger Lohn und häufig sind sie in Teilzeit erwerbstätig. All das schmälert ihre Möglichkeiten, gleich viel wie Männer anzusparen. Was kannst du tun, um im bestehenden System besser für dich vorzusorgen?

Fang jetzt mit deiner Vorsorge an

Neben der Tatsache, dass Frauen zu wenig mitgedacht wurden – was dringend politisch gelöst werden muss –, denken viele Menschen viel zu spät daran, dass sie für ihr Alter vorsorgen sollten. So haben sich in einer Studie nur 37 Prozent der befragten Frauen überlegt, was es für ihre Vorsorge bedeutet, wenn sie Teilzeit erwerbstätig sind oder gar ihren Job kündigen.

Was ist der Koordinationsabzug?

Dieser Abzug, der in der zweiten Säule stattfindet, soll die AHV und Pensionskasse «koordinieren». Vom Lohn sind bereits CHF 25'725 jährlich in der ersten Säule versichert. Was bedeutet das? Um diesen Lohnanteil nicht ein zweites Mal in der zweiten Säule zu versichern, wird dieser Betrag bei der Berechnung des versicherten Lohnes vom Bruttolohn abgezogen oder «koordiniert».
Beispielrechnung: Bei einem Bruttojahreseinkommen von CHF 60'000 liegt dein versichertes Einkommen in der zweiten Säule nach dem Koordinationsabzug von CHF 25’725 noch bei CHF 34'275.
Kritisch ist dieser fixe Koordinationsabzug für kleine Einkommen: Er schmälert den Betrag, der in die Pensionskasse eingezahlt wird. Bei Löhnen, die nur knapp über der Eintrittsschwelle für die Pensionskasse liegen, wird nicht der volle Koordinationsabzug abgezogen. Deshalb beträgt der versicherte Lohn momentan mindestens 3’675 Franken. Etwa die Hälfte der Schweizer Pensionskassen wendet den Koordinationsabzug an – manche Arbeitgeber bedingen aber aus, dass der Koordinationsabzug für Teilzeitlöhne wegfällt oder prozentual angepasst wird. Am besten nachfragen!

Wie fürs Alter absichern?

Am besten sind Frauen abgesichert, wenn sie über ihr ganzes Erwerbsleben mindestens 60 bis 70 Prozent erwerbstätig waren. Erwerbspausen liegen also durchaus drin. Wenn sie Kinder haben, ist die Ehe rechtlich nach wie vor auch eine gute Absicherung – bei einer Scheidung bekommen sie einen Vorsorgeausgleich. Das bedeutet: Die Frau hat Anspruch auf die Hälfte der angesparten Rente des oder der Ex-Partner:in. Es kann heute aber nicht mehr darauf vertraut werden, dass es nach einer Scheidung bis ans Lebensende Unterhaltszahlungen gibt. Deine finanzielle Unabhängigkeit ist also ein wichtiger Teil deiner Vorsorge: Auch wenn das Vorsorgevermögen geteilt wird, musst du nach einer Scheidung weiterhin einzahlen – und ohne bezahlten Job ist das nicht möglich.

Besonders wer Teilzeit erwerbstätig ist, zwischenzeitlich oder ganz die Berufstätigkeit für unbezahlte Care-Arbeiten aufgibt oder Kinder hat und nicht erwerbstätig ist, sollte sich absichern. Diese Absicherung kann entweder eine Ehe sein, ein Konkubinatsvertrag oder private Ausgleichszahlungen durch den oder die Partner:in. Wichtig ist immer auch, dass du auch ausserhalb des staatlichen Vorsorgesystems ein Vermögen aufbaust, indem du dein Geld investierst: in dein Business, in Immobilien und an den Märkten.

Wir haben für dich eine Checkliste zusammengestellt mit 25 wichtigen Punkten, wie du im bestehenden Rentensystem sinnvoll vorsorgen kannst. Als Member stehen dir all unsere Checklisten zur Verfügung, für nur 13 Franken pro Monat oder 131 Franken pro Jahr.


Checkliste für deine Vorsorge

Checkliste für deine Vorsorge

  1. Versuche, finanziell selbstständig zu bleiben: Das heisst nicht, dass du immer erwerbstätig sein musst. Plane deine Auszeit von der Erwerbsarbeit aber wenn möglich so, dass du jederzeit wieder einsteigen könntest. Beginne am besten heute schon, dir Gedanken zu machen, wie du deine eigene Altersvorsorge sicherstellst.
  2. Gestalte die Arbeitsteilung innerhalb deiner Partnerschaft gerecht: Eine faire Aufteilung von Erwerbs-, Haushalts- und Betreuungsarbeit ermöglicht es beiden Partner:innen, am Arbeitsmarkt teilzunehmen und eigene Rentenansprüche zu erwerben. Oftmals wirken traditionelle Rollenbilder in der eigenen Beziehung noch stark mit – besprecht diese Themen, bevor Kinder da sind, haltet eure Vereinbarung darüber auch schriftlich fest und handelt immer wieder neu aus, wer für welche Aufgaben zu Hause zuständig ist. Am Schluss muss es für euch beide stimmen – auch finanziell.
  3. Schau nach, ob du bei der AHV Lücken hast: Bestelle regelmässig einen Auszug deines individuellen Kontos bei der AHV, um fehlende Beitragsjahre zu erkennen und nachzuzahlen. Diese können dir beispielsweise nach einer Scheidung oder wenn dein:e Partner:in bereits pensioniert ist, fehlen. Aber auch dann, wenn du im Ausland studiert oder aufgrund Temporärjobs nicht regelmässig eingezahlt hast. Du kannst aber bis zu fünf Jahre rückwirkend Beiträge nachzahlen.
  4. AHV einzahlen als Hausfrau: Bist du Hausfrau und verheiratet? Wenn dein:e Partner:in genug in die AHV einzahlt (nicht weniger als den doppelten Mindestbeitrag, das heisst CHF 1028 pro Jahr), bist du von der Beitragspflicht befreit. Sobald dein:e Partner:in pensioniert wird, musst du aber Beiträge in die AHV einzahlen, um eine AHV-Lücke zu vermeiden, wenn du zu diesem Zeitpunkt noch nicht pensioniert bist.
  5. Erreiche den Pensionskassen-Mindestlohn: Achte darauf, dass dein jährliches Einkommen über dem Mindestlohn von CHF 22’050 liegt, damit dich deine Arbeitgeberin in der beruflichen Vorsorge versichern muss. Falls du mehrere Teilzeitjobs hast und zusammen mehr als 1’800 Franken im Monat verdienst, kannst du dich auch versichern lassen, zum Beispiel über die Auffangeinrichtung BVG.

    Die gesamte Checkliste, die für unsere Member gratis zum Download zur Verfügung steht, findest du hier.
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