So schnell kann es gehen. An seinem ersten Arbeitstag im Oval Office unterschrieb der US-Präsident die «Executive Order» mit der Nummer 14173, also eine Verordnung, die alle Diversitäts-Initiativen in der US-Bundesverwaltung beendet. Gleichzeitig droht sie Unternehmen und Organisationen, die an ihren DEI (Diversity, Equity and Inclusion)-Programmen festhalten, mit Strafen.
Seitdem werden im Stundentakt Begriffe wie «DEI» und «Diversität» von Firmen-Websites gelöscht. DEI-Officers erhalten neue Namen. Diversitäts-Ziele werden aus Unternehmensstrategien gestrichen. Nicht nur bei US-Unternehmen, sondern auch bei Schweizer Firmen, für die die USA ein wichtiger Markt sind, etwa Roche, die UBS, aber auch grosse Anwaltskanzleien. Einen guten Überblick gibt Forbes. Big Business schlägt Werte: 1:0.
Kürzlich doppelte die US-Regierung nach: Aus Frankreich wurde bekannt, dass die US-Botschaft in Paris französische Unternehmen schriftlich dazu aufgefordert hat, ihre Diversitäts-Programme zu stoppen. Fünf Tage gibt man ihnen für das Ausfüllen eines Formulars. Immerhin stellte der französische Finanz- und Wirtschaftsminister klar, dass dieses Vorgehen die «Werte der neuen US-Regierung» widerspiegle. «Sie sind nicht die unseren.»
Doch auch dieses Statement des Widerstands dürfte schnell verhallen. So schnell und lautlos geht das Streichkonzert vor sich, dass man sich als Zuschauer:in die Augen reibt und fragt: Wo bleibt der Protest? Wo sind die Politiker und CEOs, die für ihre Werte einstehen? Muss man wirklich so schnell vorauseilenden Gehorsam leisten? Oder ist das laute Durchgreifen des US-Präsidenten ein guter Vorwand, um die bei einigen ohnehin ungeliebten DEI-Programme endlich zu beenden?
Für Mark Zuckerberg war die Order des US-Präsidenten definitiv eine Steilvorlage. Der Meta-Chef schwärmte bereits vor der Amtseinführung in einem Podcast davon, dass es endlich wieder mehr «maskuline Energie» in den Unternehmen brauche.
Roche-Verwaltungsratspräsident Severin Schwan sagte immerhin, dass die Vielfalt «der Perspektiven» für ein Unternehmen wie Roche «von grundlegender Bedeutung» sei. Man werde Wege finden, um den eigenen Werten treu zu bleiben, Diversität inklusive. Trotzdem lässt man sich bei der Namensgebung von der neuen US-Regierung den Tarif durchgeben.
Was also tun? Unternehmen bashen, die weiter Business machen wollen? Sich dem Weltschmerz ergeben?
All das sind mögliche Wege. Ich plädiere zunächst für eine kritische Auseinandersetzung und dann für ein selbstbewusstes Festhalten an unseren Werten – im grossen Reset kann auch eine grosse Chance stecken.
Denn:
- Die Frage nach mehr Diversität ist zum Kampfplatz der Ideologien verkommen. Es dominieren die Extrempositionen – in beiden Lagern. Ein gesunder Diskurs ist kaum mehr möglich.
- Zu oft steht beim Thema Diversität Mann gegen Frau. Dabei brauchen wir die Männer. Es geht nur gemeinsam.
- Wie wirksam sind klassische DEI-Initiativen? Harvard-Professorin Iris Bonnet argumentiert mit Forschung, die zeige, dass herkömmliche Programme wenig Wirkung zeigen. Sie fordert ein Umdenken: Führungskräfte sind der Schlüssel.
Wie recht sie hat!
Diversität ist kein Thema, das von einer einzigen Stelle im Unternehmen vorangetrieben werden kann – es ist ein Leadership-Thema, das alle angeht. Denn nur wenn Führungskräfte diese Themen selbstverständlich im Alltag leben, werden Diversität und Inklusion nachhaltig in Unternehmen verankert.
Ich nenne diese neuen Führungskräfte «WolfPak-Leaders»: Vorbei sind die Tage des einsamen Wolfs, der an der Spitze einsame Entscheidungen trifft - auch wenn man uns aus den USA derzeit genau das Gegenteil glauben machen will.
Heute bedeutet Führung, gemeinsam mit einem diversen Team den besten Weg zu finden. Die stärksten Führungspersönlichkeiten setzen auf Vertrauen, Anpassungsfähigkeit und auf ihr «WolfPak», die Kraft der Gemeinschaft: Sie wissen, wann sie vorangehen, wann sie mitten im Team agieren, wann sie aus dem Hintergrund unterstützen und wann sie von der Seitenlinie anderen Raum zum Strahlen geben. Und sie wissen: Diversität ist der Schlüssel zum Erfolg.
Der grosse DEI-Reset darf deshalb nicht dazu führen, dass wir auch hier den Wert der Diversität in Frage stellen. Im Gegenteil: Jetzt gilt es, DEI in die Mitte der Unternehmen zu führen und dort nachhaltig zu verankern.
In Zeiten, in denen Top-Talente in den USA sich überlegen, wo sie künftig arbeiten wollen, kann sich die Schweiz so als Ort der gelebten Diversität empfehlen. Und wir alle wissen: Da haben wir noch viel zu tun!

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