Wir fragen Männer, was sonst nur Frauen gefragt werden. Wir wollen damit einen Dialog über Stereotypen in Gang setzen, zum Nachdenken und Schmunzeln anregen, aber auch Toxizität entlarven. Heute mit Tim Brauchli, Sanitär und Mitinhaber der Brauchli Sanitär AG.

Tim kommt für das Interview in Arbeitskleidung zu ellexx ins Büro. Er habe vorher um die Ecke mit seiner Frau zu Mittag gegessen, denn sie arbeite in der Nähe. Danach wird er unterwegs zu weiteren Aufträgen sein.

In den Männerfragen erzählt er, wie er sich im Alltag durchsetzt, welche Gesichtscreme er empfiehlt und wie er Familie und Selbstständigkeit unter einen Hut bringt.

Du bist Sanitär. Wirst du da als Mann ernst genommen?

Ja, sehr. Ganz klar. 

Könnte es sein, dass du einfach ein Quotenmann bist? Es gibt ja vor allem Frauen als Sanitärinnen.

Wir arbeiten nach Leistungen. Und wir leisten genau so viel wie die Frauen im Job.

Das war ironisch. Gibt's überhaupt Frauen in deinem Job?

Ich kenne vielleicht eine Handvoll, die wirklich im ausführenden Business und nicht in der Planung tätig sind.

In Handwerksberufen ist der Umgangston oft rau. Bist du tough genug dafür?

Sagen wir so … Ich habe mit den Jahren gelernt, damit umzugehen. Der Ton ist tatsächlich rau. Spannend: Kommt dann eine Architektin oder so, ändert sich das Raumklima sofort. Ist eine Frau im Raum, redet man anständiger miteinander. (Pause.) Das sollte ja nicht nur in dem Moment, sondern die ganze Zeit so sein. Man ist davor nicht unter der Gürtellinie, aber das Klima ist mit Frau trotzdem anders.

Was sind das für Sprüche?

Querbeet. Aber es verletzt mich nie. Im Grossen und Ganzen haben wir einen anständigen Umgangston und reden auf Augenhöhe. Darum arbeite ich in diesem Beruf.

Tim Brauchli
Ist eine Frau im Raum, redet man anständiger miteinander.

Wenn du zu fremden Leuten ins Haus gehst, bist du dann besorgt um deine Sicherheit?

Selten. Es gab vereinzelt Szenarien, dass ich zu Leuten in die Wohnung bin und sie die Tür hinter mir abgeschlossen haben. Da sage ich dann auch «Hey, sorry, die Tür wird nicht abgeschlossen, wenn ich in der Wohnung bin.» Egal, ob das Gegenüber körperlich überlegen ist oder nicht. Wenn man Grenzen setzt, klappt es auch.

Du bist nicht nur Sanitär, sondern auch Unternehmer und Mitinhaber der Brauchli Sanitär AG. Warum hast du den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt?

Das war für mich von klein auf normal. Der Vater war Unternehmer als Headhunter in der IT-Branche. Mit der Mutter zusammen hat er die Geschäfte geführt. Das hat mich nach der Lehre schnell gereizt. Nicht der monetäre Fokus, sondern die Freiheit, die wir als Unternehmer leben dürfen. 

Eine Selbstständigkeit ist mit Risiken verbunden. Hast du eine Frau, auf die du finanziell zählen kannst?

Jawoll. Meine Frau ist Gymilehrerin, und ich bin froh, dass ein regelmässiger Lohn reinkommt. Auch im unternehmerischen Sinn ist sie eine grosse Unterstützung für mich und eine beratende Stelle. 

Du führst die Brauchli Sanitär AG zusammen mit deinem Bruder. Gibt es oft Zickenkrieg zwischen euch? 

Lustigerweise nie. Wir haben vor Jahren mal abgemacht: Ab 17 Uhr sind wir wieder nur Brüder. Und wenn wir uns anzicken, dann nur noch im privaten Rahmen, nicht auf geschäftlicher Ebene. 

Wie setzt du dich im Alltag durch, ohne als bitchig oder aggressiv wahrgenommen zu werden?

Durch Fachkompetenz. Und auch durch meine ruhige Art. 

Wie sieht es aus mit der Familienplanung?

Ich habe bereits eine Tochter. Sie ist im Juni 2023 geboren, meine kleine Prinzessin. Und es sind noch mehrere Kinder in Planung. 

Hast du beruflich also bereits reduziert?

Ich habe es probiert, wollte auch Vaterschaftsurlaub an einem Stück beziehen. Aber es ist ein schwieriges Thema für mich. Als Vater zuzugeben, dass ich für Frau und Kind nicht die Zeit habe, die ich gerne hätte … 

Moment, du hast keine zwei Wochen Vaterschaftsurlaub bezogen?

Damals lief so viel im Geschäft, dass ich ihn halt zerstückelt nehmen musste – obwohl ich mir vorgenommen hatte, die zwei Wochen, für die ich an der Urne Ja gestimmt hatte, am Stück zu nehmen. Es ging schlichtweg nicht. 

Warum nicht?

Es war einfach herausfordernd. Ich habe versucht, auch tagsüber in jeder freien Minute daheim bei meiner Familie zu sein, meiner Frau Essen vorzubereiten – und das trotz Job. Das war streng. Auf Knopfdruck bereit und verfügbar sein zu müssen, macht das Familienleben schwierig.

Wie meinst du das?

Ich wäre gerne zu Hause, aber in die Rolle als Hauptverdiener wurde ich durch die Gesellschaft gedrückt. Natürlich habe ich ein Unternehmen, bei dem die Führung klar bei mir ist, aber ich wäre gerne mehr zu Hause. Ich hoffe, dass dies bei der Generation meiner Tochter anders sein wird. 

Tim Brauchli
Mein Bruder und ich müssen oft einfach nur funktionieren.

Du hast gesagt, du wirst als Hauptverdiener angeschaut, aber vorher sagtest du auch, dass deine Frau diejenige mit einem sicheren Einkommen ist. 

Meine Frau ist an einer Schule angestellt. Der Job meiner Frau ist nicht so sehr von der aktuellen Wirtschaftslage abhängig, sie hat ein sicheres Einkommen, das ich als Privatunternehmer nicht bieten kann. Ich wollte als junger Mann immer zu Hause sein. Aber da mein Unternehmen zunehmend besser lief und meine Frau seit dem Studium Teilzeit an der Schule angestellt war und daneben die Firma mitgeleitet hat, war es einfacher, ihren Job und meinen zu behalten. 

Du hast vom gesellschaftlichen Druck gesprochen. Was meinst du damit? 

Gesellschaftlich-finanziell gesehen. Man wird an seinen monetären Leistungen gemessen. Ich bin Unternehmer, es muss finanziell also etwas rausschauen. Das führt dazu, dass Teilzeitarbeiten nicht so einfach und nicht so leicht umsetzbar ist, wie alle denken. Als Mann musst du trotz Kind im Geschäft sein – gerade in handwerklichen Berufen. Da muss sich noch viel ändern.

Du bist Mitinhaber. Du könntest das doch anpassen.

Ich habe sicher bei meinen Mitarbeitern einen Einfluss. Aber mein Bruder und ich müssen oft einfach nur funktionieren. Wäre ich angestellt, hätte ich auf 50 bis 60 Prozent reduziert und wäre für die Familie zu Hause, aber die Frage hat sich uns nie gestellt. 

Hat das mit der Selbstständigkeit zu tun?

Ganz klar. (Seine Stimme beginnt zu zittern.)

Wollen wir eine Pause machen?

Nein. Es ist ein Thema, das ich oft mit meiner Frau diskutiere. Ich hätte mir immer vorstellen können, Hausmann zu sein. Jetzt hat es sich halt anders ergeben. Meine Frau macht das super. Ich bin jeden Tag stolz, wenn ich sehe, wie sie alles unter einen Hut bringt.

Themenwechsel: Wie lange stehst du morgens vor dem Spiegel?

Ich stehe auf, putze mir drei Minuten lang die Zähne, trinke ein halbes Glas Wasser, gebe Frau und Tochter einen Kuss, und ziehe die Schuhe an. Fünf Minuten nach dem Aufstehen bin ich aus der Haustür, meistens.

Wie alt bist du eigentlich?

30.

Ah, du siehst jünger aus. Kannst du mir einen Tipp geben, was du für eine Gesichtscreme benutzt? 

(Lacht.) Die blaue Nivea aus dem Denner. 

Wie entscheidest du dich für dein Outfit des Tages?

Mein Arbeitgeber gibt es mir vor. Meine Arbeitshose, immer schön mit Knieschonern. Ein T-Shirt, auf dem Brauchli steht – und dann habe ich noch verschiedene Mützen. Plus meine Stahlkappenschuhe.

Gibts Trinkgeld obendrauf von den Kund:innen, je nachdem, was du anziehst?

(Lacht.) Ich glaube nicht, dass da die Kleidung ausschlaggebend ist.

Wie kommst du im Alltag mit deinen Hormonen klar?

Die kicken jeweils recht, aber man lernt damit umzugehen. 

Bemerkst du Hormonschwankungen?

Ja, über den Monat verteilt. Mal ein besserer Tag, mal ein schlechterer Tag.

Wie gehst du damit um?

Mal eine Schoggi an der Tankstelle holen, wenn ich unterwegs bin, und diese geniessen. Dann ist es oft schon viel besser. Und vielleicht mal zur Seite stehen, ein paarmal tief durchatmen. 

Das waren die Männerfragen. Wie war es für dich?

Tiptop. 

Geht es dir gut nach den Fragen?

Immer. Ich finde das familiäre Thema schwierig. Als Vater einer Tochter bin ich für völlige Gleichberechtigung. Ich komme aus einer Familie mit vielen Männern, da hat sich das Bild stark geändert in den letzten Jahren. Wir sind nur Söhne. Ich wollte nie das klassische Rollenbild – aber jetzt ergab es sich so. Und meine Frau würde gerne mehr arbeiten. Aber es geht noch nicht, es ist noch nicht so weit.