Du hast Ferien. Hast du extra frei genommen, um möglichst viele Spiele der Fussball-Europameisterschaft zu sehen?

(Stille.) Ähm, nein, eigentlich nicht. Ich mache immer im Sommer Ferien, unabhängig von Fussballturnieren.

Aber du verfolgst die EM-Spiele schon, oder?

Ja, natürlich. Ich habe alle Spiele der Schweizerinnen geschaut und auch sonst den einen oder anderen Match. Es ist hier in den Ferien nicht ganz einfach. Die Internetverbindung ist recht instabil.

Aha, alles klar. Und dein Urteil?

Es sind interessante Spiele. Man sieht, dass der Frauenfussball von der Entwicklung her dem Männerfussball noch etwas hinterherhinkt. Das hat nichts mit den körperlichen Unterschieden zu tun. Es ist eine logische Konsequenz davon, dass der Männerfussball schon viel länger viel professioneller ist. Es gibt aber keinen Grund, weshalb sich das nicht ändern sollte. Je mehr Geld, Zeit und Engagement in den Frauenfussball investiert werden, desto besser wird er werden.

Je attraktiver und beliebter ein Sport ist, umso mehr verdienen die Sportler und Sportlerinnen. Ich bin überzeugt, dass die aktuelle Entwicklung im Frauenfussball für höhere Löhne sorgen wird.

Aber der Frauenfussball ist doch heute schon attraktiver als dieser zimperliche Standfussball der Männer mit Schwalben und Gemotze.

(Lacht.) Ich sehe, jetzt kommen die Klischees. Frauenfussball wird sich vom Männerfussball immer in gewissen Punkten unterscheiden. Aber er ist attraktiv, und ich bin überzeugt, dass er durch die Professionalisierung noch attraktiver wird. Zum Motzen: Mir ist bei dieser EM aufgefallen, dass auch die Spielerinnen vermehrt beim Schiedsrichter reklamieren. Hier scheint sich der Frauenfussball also bereits anzugleichen.

Wie kommst du damit klar, dass ihr Männer im Fussballzirkus so viel weniger Aufmerksamkeit bekommt als die Frauen?

(Es ist lange still am anderen Ende der Leitung.)

Das war eine ironische Frage.

(Lacht erleichtert.) Ach so. Ich finde es echt cool, dass sich diesen Sommer alles um den Frauenfussball dreht. Ich hoffe, dass der Frauenfussball bald genauso viel Aufmerksamkeit bekommt wie der Männerfussball.

Und wie bitter ist es für dich, dass ihr Männer Zehntausende Franken weniger verdient als die Frauen?

(Lacht wieder.) Jetzt versteh ich das Prinzip. Was soll ich dazu sagen? Vielleicht dies: Ich bin der Meinung, dass beim Frauenfussball ein marktwirtschaftlicher Ansatz gelten sollte. Wie übrigens sonst auch im Sport. Je attraktiver und beliebter ein Sport ist, umso mehr verdienen die Sportler und Sportlerinnen. Ich bin überzeugt, dass die aktuelle Entwicklung im Frauenfussball für höhere Löhne sorgen wird.

Noch können viele Profifussballerinnen nicht von ihrem Gehalt leben. Wie war das bei dir? Hast du neben dem Fussball noch gekellnert?

Das musste ich glücklicherweise nie machen. Obwohl mir das manchmal vielleicht ganz gutgetan hätte. Aber Spass beiseite: Mir ist bewusst, dass es ein grosses Privileg war, dass ich vom Fussball leben konnte.

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Sexismus, Mobbing, Lohnungleichheit am Arbeitsplatz? Absolute No-Gos, dennoch nehmen es viele Frauen hin. Das darf nicht sein. Deshalb ist es höchste Zeit für eine Rechtsschutzversicherung von Frauen für Frauen. Wehr dich.

Was ich mich immer wieder frage: Warum spielt ihr Männer überhaupt Fussball? Ihr seid ja körperlich gar nicht dafür gemacht, so schmerzempfindlich wie ihr seid.

Das sagst jetzt du, ob das auch stimmt, wer weiss (lacht). Ich glaube, in gewissen Bereichen können wir Männer sehr gut Schmerzen aushalten. Beispielsweise bei Schlägen an die Beine, auf die Knöchel oder die Füsse, da vertragen wir einiges. Man darf auch nicht vergessen: Die Schauspielerei ist im Fussball ein Mittel, um den Schiedsrichter zu beeinflussen. Wenn ein Spieler nach einem harten Foul gleich wieder aufsteht und weitermacht, hat das Foul oft keine Konsequenzen. Der Schiedsrichter stuft es als weniger schlimm ein. Bleibt der Gefoulte aber mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen, kassiert sein Gegenspieler viel eher eine Karte. Das ist also alles Teil des Spiels.

Ihr Männer macht halt gerne Drama.

(Lacht lange.) Genau. Du weisst ja, die Männergrippe ist etwas vom Schlimmsten, was es überhaupt gibt.

Wie kamst du als Mann klar mit dem Druck und der Konkurrenz im Spitzensport?

Als ich jung war, hatte ich grosse Mühe damit. Da war ich noch nicht tough genug für diese Fussballwelt. Mit der Zeit bin ich da hineingewachsen. Das musste ich auch, sonst hätte ich nicht 14 Jahre in dieser Welt überstanden.

Wie alt warst du, als deine Karriere Fahrt aufnahm?

Ich war 20 Jahre alt und sehr unsicher, voller Selbstzweifel. Ob meine Leistung wirklich ausreicht, wusste ich damals ja noch nicht. Aber ich hatte einen Trainer, der mich sehr gefördert und gefordert hat. Er hat mich zu dem Spieler gemacht, der ich geworden bin. Dafür musste ich oft aus meiner Komfortzone raus. Das war hart.

Ich predige immer allen Männern: Benutzt Gesichtssonnencreme. Das ist das beste Mittel gegen Hautalterung. Das kann ich hier so droppen.

Hat es dich gestört, dass dein Äusseres oft wichtiger war als deine Leistung?

(Überlegt.) Damit musste ich mich abfinden. So wie das die meisten müssen, die in der Öffentlichkeit stehen. Man muss sich bewusst werden, dass man aufgrund seiner Rolle und nicht aufgrund der eigenen Persönlichkeit in der Öffentlichkeit steht. Ich habe einen Moment gebraucht, bis ich das verstanden habe und akzeptieren konnte.

Wie schafft man es, dass die Frisur 90 Minuten lang sitzt, wenn man rennt und schwitzt?

Genug Gel in die Haare und dann mit Haarspray fixieren (lacht).

Wirst du die Fussball-Weltmeisterschaft der Männer diesen Winter auch verfolgen?

(Antwortet ganz seriös.) Ja. Ich werde für das Schweizer Fernsehen in Katar als Experte vor Ort sein.

(Die Interviewerin schmunzelt für sich.) Das war jetzt wieder eine dieser ironischen Fragen. Es hätte mich sehr überrascht, wenn du die Männer-WM nicht verfolgen würdest.

(Lacht.) Aha! Jetzt hab ichs wieder nicht gemerkt.

Kann vorkommen. Apropos SRF, hast du diesen Experten-Job bekommen, weil du so gut aussiehst?

Nein, bestimmt nicht. Ich sehe ja nicht so gut aus.

Wie bescheiden du bist …

Naja, das ist die Erfahrung meines Lebens (lacht).

Manchmal hatte ich schon das Gefühl, zu Hause etwas zu verpassen. Aber in meinem Beruf hat das niemanden interessiert.

Du trägst im TV-Studio oft eine Brille. Willst du damit kompetenter wirken?

(Lacht herzhaft.) Ja klar, was denn sonst?! Aber es gibt noch einen anderen Grund: Auch ich sehe mit dem Alter immer schlechter auf kurze Distanzen. Für dieses Problem gibt es folgende Lösungen: Lesebrille, Ignorieren – wie es viele machen – oder immer Brille tragen. Ich habe mich für eine Gleitsichtbrille entschieden, die ich immer trage.

Dann bist du nicht zu eitel, die zu tragen?

Doch, doch, ich bin total eitel.

Interessant, und wie zeigt sich diese Eitelkeit?

Naja, indem ich versuche, aus meinem bescheidenen vorhandenen Potenzial das Maximum herauszuholen (lacht).

Da will ich mehr wissen. Erzähl mal von deinen Styling-Tricks und Beauty-Geheimnissen.

Eigentlich bin ich dem Bereich ein Amateur. Aber ich predige immer allen Männern: Benutzt Gesichtssonnencreme. Das ist das beste Mittel gegen Hautalterung. Das kann ich hier so droppen.

Das geben wir gerne weiter. Und worauf achtest du bei deinem Look?

Ich mag es sportlich-elegant. Ich trage gerne Chinos, ein Hemd, ein Sakko und Sneakers. So harte Halbschuhe trage ich nicht gerne. Das ist nichts für meine Füsse.

Neben deiner Tätigkeit als TV-Experte hältst auch Referate und bietest persönliche Coachings. Wie bist du dazu gekommen?

Ich hatte nach meiner Profikarriere viele Anfragen, ob ich Referate halten und meine Erfahrungen teilen möchte. Anfangs wusste ich gar nicht genau, was ich erzählen soll. Im Gespräch mit Bekannten hat es sich ergeben, dass ich bei meinen Referaten versuche, meine Erfahrungen aus der Sportwelt mit Businessthemen zu verknüpfen. Coachings mache ich kaum noch. Dafür setze ich viel Energie ein für den Aufbau des Athletes Network. Du hast mich gerade daran erinnert, dass ich meine Website updaten muss. Danke! (Lacht.)

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Gerne. Kommen wir zu deinem Privatleben: Du hast zwei Kinder und bist verheiratet. Wie bringst du all deine Tätigkeiten und die Familie unter einen Hut?

Das ist für viele Menschen eine Herausforderung. Manchmal auch für mich. Ich versuche, mir viel Zeit für die Familie zu nehmen und auch mit meiner Frau alleine. Damit wir uns nicht eines Tages auseinanderleben. Unsere Kinder sind inzwischen 15 und 17 Jahre alt. Wir haben ein gutes Verhältnis, sie sind aber auch sehr selbstständig.

Hattest du nie Angst, aufgrund deiner Karriere zu Hause etwas zu verpassen?

Doch, manchmal hatte ich schon das Gefühl, zu Hause etwas zu verpassen. Aber in meinem Beruf hat das niemanden interessiert. Meiner Frau ist ein riesiges Kränzchen zu winden. Es war schon beeindruckend, wie sie manchmal alles über mehrere Tage alleine gestemmt hat – mit zwei kleinen Kindern. Das verdient auch Jahre später noch immer grossen Respekt!

So, du hast es geschafft. Wie geht’s?

Tiptop, es hat Spass gemacht.