Gestern fuhr ich am Krankenhaus vorbei, der Eingang war mit weissen Stoffbahnen verdeckt, hinter denen Angehörige auf Einlass warteten. Vor einigen Wochen standen wir selbst dort, als wir den Schwiegervater verabschiedeten. Er starb nicht an Corona. Auch nicht mit Corona. Und doch liegt auch der Abschied von ihm unter dem Schatten der Pandemie, so wie viele andere Abschiede auch, die manchmal schon viel früher als im Krankenhaus beginnen.

Wenn ich meinen Sohn in den letzten zwei Jahren fragte, ob seinen Grossvater besuchen möchte, sagte er: «Lieber nicht, ich möchte nicht, dass er stirbt.»

Ich entgegnete: «Vielleicht stirbt er ja sowieso, irgendwann.»

«Schon, aber dann ist es nicht wegen mir.»

Eigentlich wollte ich nicht über Corona schreiben. Nicht über die Impfungen. Nicht über die Massnahmen. Das werde ich auch nicht tun. Und doch ist es wichtig, dass wir nicht verstummen. Wir müssen Worte finden für das, was uns seit bald zwei Jahren immer und immer wieder einsaugt und wieder ausspuckt und uns gelehrt hat, wie schnell alles ganz anders sein kann. Worte für das, was nicht zu Ende geht. Und für das, was zu Ende geht. Worte wie diesen Schlüsselsatz, in dem ein Kind von damals zwölf Jahren so vieles auf den Punkt bringen, was in der Welt meiner eigenen Kindheit noch unvorstellbar war.

Es ist kalt geworden da draussen.

Manchmal hilft eine tief über den Kopf gezogene Kapuze. Musik im Ohr, und ein bisschen Filter über die Welt. Schneeflocken und Kerzen. Und Menschen die gemeinsam im Kerzenschein sitzen. Und die Gewissheit: Auch dieser Winter wird vorübergehen.