Wer beschäftigt sich schon gerne mit dem eigenen Tod. Dabei wäre das wichtig – gerade auch bei der Vorsorge. Warum? Weil es ungeregelt zu Absurditäten und Ungerechtigkeiten kommen kann. Doch beginnen wir von vorne.

Die Ausgangslage

Bist du erwerbstätig, hast du vielleicht eine 2. Säule, deine Pensionskasse. Dazu musst du wissen: Deine Arbeitgeberin muss dich erst bei einer Pensionskasse anmelden, wenn du mehr als 22'680 Franken im Jahr verdienst. Schau, dass du auch bei einem tiefen Teilzeitpensum mindestens auf diesen Betrag kommst. In der Regel ist das bei einem monatlichen Einkommen ab 1'837.50 Franken der Fall. Bist du selbstständig erwerbend, ist das Einzahlen in die zweite Säule freiwillig.

💡
Das Wichtigste zur 2. Säule
Neu hier? Alles, was du zur Pensionskasse wissen musst, findest du in diesem Artikel.


Szenario: Du bist verheiratet

Vorausgesetzt, du hast eine zweit Säule, geht es in einem weiteren Schritt darum, deine Liebsten abzusichern bzw. ihr euch als Paar gegenseitig. Du bist verheiratet und glaubst, damit vorsorgetechnisch abgesichert zu sein? Auch im Falle des Todes deine:r Ehepartner:in? Falsch gedacht, sagt Vorsorge- und Versicherungsspezialistin beim Vermögenszentrum VZ, Romina Mutter: «Ich muss mich auch als Verheiratete:r kümmern.» Grundsätzlich gelte: Der oder die Ehepartner:in muss Kinder haben zum Todeszeitpunkt des anderen Ehepartners, damit Anspruch auf Rente besteht (in Form einer Witwen- oder Witwerrente). Oder man ist mindestens 45 Jahre alt und mindestens fünf Jahre verheiratet. «Da jede PK das individuell regelt, lohnt es sich, diese Bedingungen auch individuell bei der eigenen PK abzuklären.»

Romina Mutter
Gemäss Gesetz haben Paare im Konkubinat keinen Anspruch auf die Witwen- oder Witwerrente.

Szenario: Du lebst im Konkubinat

Du bist nicht verheiratet. Das Wichtigste zuerst: «Gemäss Gesetz haben Paare im Konkubinat keinen Anspruch auf die Witwen- oder Witwerrente. Sobald du den Arbeitgeber und somit deine PK wechselst, musst du dich bei deiner neuen PK über die Bedingungen informieren», sagt Expertin Mutter. Die Anspruchsbedingungen, damit im Fall des Todes Geld fliesst, sind meist Kinder oder fünf Jahre ein gemeinsamer Haushalt. Doch erneut: Jede PK regelt das anders, informier dich direkt bei ebendieser. 

Wenn du nicht mehr im Arbeitsleben bist

So weit, so klar. Doch verlierst du den Job oder pausierst du beispielsweise wegen einer Babypause oder eines Auslandsaufenthalts, wird es kompliziert. In dem Fall wandert dein Geld von der Pensionskasse auf ein Freizügigkeitskonto.

💡
Das Wichtigste zum Freizügigkeitskonto
Dieses spezielle Konto dient dazu, dein Vorsorgeguthaben während Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit zwischenzulagern. Ein Freizügigkeitskonto kannst du bei einer Bank oder Versicherung deiner Wahl eröffnen. Es lohnt sich, die Zinssätze, Gebühren und Anlagemöglichkeiten zu prüfen.


Gehen wir also davon aus, du bist aktuell nicht mehr im Erwerbsleben eingebunden. Nun musst du dir – wie bereits bei deiner PK – Fragen stellen wie: Bin ich genügend abgesichert? Falls mir jetzt etwas passieren würde, wer bekommt in meinem Todesfall mein Geld? Wer soll all mein über Jahrzehnte angespartes Kapital erhalten? Weil, Achtung: Ungeregelt kann es zu Ungerechtigkeiten kommen.

Romina Mutter
Invaliden- und Hinterlassenenrenten fliessen nur, wenn jemand aktiv einer Pensionskasse angeschlossen ist.

Die Expertin Romina Mutter sagt dazu: «Invaliden- und Hinterlassenenrenten fliessen nur, wenn jemand aktiv einer Pensionskasse angeschlossen ist. Liegt das Vorsorgeguthaben auf einem Freizügigkeitskonto, fliessen im Risikofall keine Rentenleistungen.» Konkret: Stirbt eine Person, die aktuell nicht erwerbstätig ist und das Guthaben auf einem Freizügigkeitskonto parkiert hat, geht lediglich das angesparte Kapital auf die Hinterbliebenen über.


Das Beispiel Nummer 1



Das klingt dir alles zu abstrakt? Keine Sorge, hier kommt ein konkretes Beispiel: Nehmen wir die fiktive Familie Briner, bestehend aus Ehemann und Vater Remo (42), Ehefrau und Mutter Giorgia (39) und den beiden Kindern Max (5) und Alena (3). Briners wollen während zwei Jahren die Welt bereisen. Beide Eltern kündigen deshalb ihre Jobs. In dem Moment, wo sie aus ihrer aktiven PK austreten und das Geld auf ein Freizügigkeitskonto wandert, fliessen keine Rentenleistungen mehr. 

«Ab diesem Moment stehe ich im Risiko. Wenn Remo oder Giorgia etwas zustösst, gibt es keinen Schutz mehr für die Hinterbliebenen», sagt Versicherungsexpertin Mutter vom VZ. Das Geld, das die Eltern bis dato angespart haben, haben sie zwar nach wie vor. Aber es kommen keine Rentenleistungen aus der 2. Säule mehr dazu.

Angenommen, Vater Remo stirbt auf der Reise. Dazu sagt Expertin Mutter: «Gehen wir davon aus, bis heute hat der 42-Jährige rund 200’000 Franken in der beruflichen Vorsorge angespart.» Dieses Geld liegt nun auf einem Freizügigkeitskonto. «Im Todesfall wird dieses Geld nach der Begünstigungsordnung verteilt. Dies ist gesetzlich geregelt. Das Guthaben wird zwischen der Mutter und den beiden Kindern pro Kopf aufgeteilt.»



Heisst in unserem Beispiel: Das Geld wird zu je einem Drittel aufgeteilt, jeder bekommt 66’000 Franken. Nur: Mit diesen einmaligen 66’000 Franken aus der 2. Säule kommt die Witwe nicht weit, zumal sie nun auch plötzlich alleine für ihre Kinder aufkommen muss. «In diesem Beispiel besteht keine andere Option», sagt Mutter. «Das Geld geht nach Köpfen, und die Reihenfolge kann nicht geändert werden.» Anders sieht es beim Konkubinat aus, dazu mehr unten in unserem zweiten Beispiel.



Frage an die Expertin: Wie kann dieses Szenario verhindert werden? «Indem Mama und Papa Briner in ihrer Pensionskasse versichert bleiben – etwa über unbezahlten Urlaub», sagt Mutter. Das Problem beim PK-Austritt sei, dass Briners ohne Versicherungsschutz dastehen – mit dem unbezahlten Urlaub kann die Pensionskasse weitergeführt werden. Briners können wählen, ob sie nur die Risikoprämien einzahlen oder auch freiwillig fürs Alter sparen. 

Dazu musst du wissen: Sollte jemand während der Reise sterben, erhält der überlebende Ehegatte eine Witwen- oder Witwerrente und die Kinder eine Waisenrente. «Angenommen, Herr Briner hätte rund 120’000 Franken verdient pro Jahr, so würde sich das Total der Rentenleistungen bereits im ersten Jahr auf knapp 60’000 Franken belaufen.»



Zusammengefasst: Aus dem Freizügigkeitskonto erhalten Mutter und Kinder einmalig je 66’000 Franken. Aus der PK erhalten die Mutter und Kinder je 60’000 Franken jährlich. «Über die nächsten 20 Jahre wären dies 1,2 Millionen!»


Das Beispiel Nummer 2




Gleiche Familie, jedoch leben die Briners hier im Konkubinat. Nun ist es wichtig, dass sich Vater Remo und Mutter Giorgia gegenseitig bei der Pensionskasse als Lebenspartner:in melden und begünstigen. Nur so ist sichergestellt, dass im Todesfall auch eine Rente fliesst. 




«Wandert das Vorsorgeguthaben für die Weltreise auf ein Freizügigkeitskonto, muss auch dort die Begünstigungsordnung bei der Stiftung eingereicht werden. Ohne die Begünstigung des Lebenspartners würde das ganze Guthaben an die Kinder fliessen», sagt Expertin Mutter.  




Das bedeutet: «Hast du eine PK, erhält dein:e Lebenspartner:in eine Rente, sofern Ihr Euch bei der Pensionskasse meldet. Tut man dies nicht, kann der Lebenspartner leer ausgehen», sagt Vorsorgeexpertin Mutter vom VZ. Liegt das Vorsorgeguthaben auf einem Freizügigkeitskonto, muss ich den Lebenspartner oder die Lebenspartnerin begünstigen. «Die Begünstigungsordnung ist aber gesetzlich sehr strikt geregelt. Das heisst: Die Reihenfolge, wen ich wie begünstige, kann ich nicht immer ändern.»

Deshalb gilt immer: Informiere dich direkt bei deiner Vorsorgeeinrichtung. 

💡
Tipp: In der ellexx App findest du eine Checkliste und einen Videokurs zur Vorsorge. Damit hast du den Durchblick – ganz ohne mühsame Eigenrecherche.



Das kannst du tun

  • Regle, wen du begünstigen willst in deinem Todesfall. Für Konkubinatspaare, aber auch Familien ist es wichtig, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den überlebenden Partner optimal abzusichern. 
  • Das Ziel kann dabei sein, den Lebensstandard halten zu können.
  • Ungeregelt kann es passieren, dass dem jahrzehntelangen Partner oder der Partnerin das Geld nicht ausbezahlt wird. Zur Veranschaulichung: Wir sprechen hier von Beträgen im fünfstelligen Bereich – alles wegen einer vergessenen Unterschrift. 
  • Aus der PK fliesst in der Regel eine Rente, vereinzelt auch ein Kapital. Für die Rente meldet man den Lebenspartner oder die Partnerin selber an, für das Kapital ist die Begünstigung gesetzlich vorgeschriebend. 
  • Aus dem Freizügigkeitskonto fliesst lediglich das Kapital, deshalb die Begünstigung. 
  • Eine Begünstigung ist übrigens auch bei der 3. Säule (3a/3b) wichtig.
  • Beispielsweise mit einer Begünstigungserklärung kannst du deine:n Konkubinatspartner:in melden. Und/oder bei der Freizügigkeit die gesetzliche Reihenfolge der Begünstigung ändern. Letzteres kann gerade bei Patchworkfamilien wichtig werden. Nur so stellst du sicher, dass die Person(en) das Geld erhalten, die du willst.
  • Meist füllst du für eine Begünstigungserklärung ein Formular aus, das du direkt bei deiner Einrichtung (gilt für PK und Freizügigkeitskonto) anfordern kannst. Wichtig: Deine Ansprüche musst du schriftlich bei deiner Vorsorgeeinrichtung anmelden. 



Alles was du zur Pensionskasse wissen musst
Die Pensionskasse ist die zweite Säule im Schweizer Vorsorgesystem. Wie die berufliche Vorsorge funktioniert und was Begriffe wie Koordinationsabzug, Altersguthaben oder Umwandlungssatz bedeuten, erklären wir dir im Artikel.


Wie kann ich als Frau sinnvoll vorsorgen?
Frauen in der Schweiz bekommen ein Drittel weniger Rente als Männer – und sind doppelt so oft von Altersarmut betroffen. In diesem Artikel erfährst du, warum das so ist und wie du als Frau trotzdem für dich vorsorgen kannst.


Meines Vaters Tod ist meiner Mutter Armutsrisiko
Die Mutter unserer Gastautorin war Hausfrau. Dann stirbt der Vater, und plötzlich reicht die Rente der Mutter nicht mehr zum Leben. Eine wahre Geschichte.