Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
HaushaltsbuchBauchgefühl
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Hintergrund
Alter:43
Kinder:3
Ort:Rebstein (SG)
Beruf:Produktionsmitarbeiterin 100%
Einkommen:Jahreslohn Brutto 41’600 CHF
Grösster Ausgabeposten:Nahrungsmittel (3’200 CHF / Monat)

Was für Gefühle löst Geld bei Dir aus?

Geld löst bei mir gar keine Gefühle aus. Früher war das anders. Als ich jung war, war mir Geld viel wichtiger. Ich dachte, ich bräuchte es, um glücklich zu werden. Heute bin ich dankbar, dass ich eine gesunde Familie habe. Das Geld nicht das Wichtigste ist für mich, habe ich gelernt, als ich meine Mutter sterben sah. Es gibt nichts Wichtigeres als meine Familie.

Sprichst du mit anderen Frauen über Geld?

Es ist mir nicht wichtig, darüber zu sprechen. Also spreche ich auch nicht mit anderen Frauen darüber. Ich habe so Vieles durchgemacht in meinem Leben. Das hat dazu geführt, dass Geld einen tiefen Stellenwert in meinem Leben angenommen hat. Geld bringt nur Probleme mit sich. Im Alter von 42 Jahren habe ich zum ersten Mal Lotto gespielt und es hat sich so schlecht angefühlt. Einfach nicht richtig. Ich möchte meinen Fokus möglichst auf die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Familie lenken.

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Sind Investitionen ein Thema für dich?

Mein Mann und ich haben uns, als die Kinder klein waren und wir noch sparen konnten, eine Wohnung im Kosovo gekauft. Das erzähle ich aber nur guten Freundinnen. Den Schweizer:innen erzähle ich das überhaupt nicht gerne. Ich habe Angst, dass sie uns verurteilen, weil wir unser Geld im Kosovo ausgeben.

Nazmije Ajeti
Ich habe von meinen Eltern kein Taschengeld bekommen.

Wer hat mit dir zum ersten Mal über Geld gesprochen?

Ich kann mich nicht mehr so gut erinnern. Ich habe von meinen Eltern kein Taschengeld bekommen. Also haben wir auch nie gross über Geld gesprochen. Erst als ich mit 19 Jahren in einer Fabrik mein eigenes Geld verdient habe, sagten sie mir, ich solle gut darauf aufpassen und sparen, wenn möglich.

Und hältst du dich immer noch daran?

Anfangs habe ich mich daran gehalten und gespart. Doch jetzt als Mutter von drei Kindern ist es schwer, den Rat meiner Eltern umzusetzen. Jedes meiner Kinder braucht seine Fünfliber und seine Zehnernoten. Letztens gab ich meinem Sohn zwei Franken, damit er sich im Dorfladen etwas Kleines kaufen kann. Er schaute mich an und meinte: “Ich dachte, ich kriege eine Zehnernote.”

Hat dich diese Aussage traurig gemacht?

Nein, das macht mir nichts. Ich antwortete ihm, ich müsste doppelt so viel arbeiten, um ihm jedes Mal einen Zehnernote geben zu können. Ich fühle mich nicht schlecht in solchen Situationen, weil ich weiss, dass wir alles Nötige haben, um gut zu leben. Wir haben genug zu Trinken, zu Essen und leisten uns ab und zu neue Kleidung.

Was bringst du deinen Kindern über Geld bei?

Ich versuche ihnen zu zeigen, dass Geld wichtig ist, um zu leben. Es aber nicht alles ist. Weiter möchte ich ihnen mitgeben, dass sie ihr Geld sparen sollten. Man weiss nie, was kommt. Falls sie mal in eine prekäre Lage kommen sollten, kann ich ihnen in meiner Situation nicht weiterhelfen, da ich selbst nicht viel habe.

Wann gibst du deinen Kindern Geld und warum?

Früher gab ich meinen Kindern zum Beispiel Geld, wenn sie gute Noten nach Hause brachten, oder ich spielte Zahnfee und legte ihnen Geld unters Kissen, wenn sie einen Zahn verloren hatten.

Heute gebe ich ihnen Sackgeld für alltägliche Sachen.

Mein Sohn, welcher im Dorf zur Schule geht, bekommt jede Woche 10 Franken. Er kennt keine Grenzen beim Ausgeben. Ich muss  ihm Grenzen setzen. Meine ältere Tochter ist 15 Jahre alt. Sie bekommt jede Woche 50 Franken. Ich persönlich finde, dass Mädchen mehr Geld in der Hosentasche brauchen. Sie haben mehr Ausgaben als die Jungen. Sie schaut aber auch sehr gut auf ihr Geld. Sie gibt nie etwas aus ohne meine Erlaubnis. Ihr Mittagessen nimmt sie immer von Zuhause mit.

Die älteste Tochter ist in der Lehre. Ich versuche, ihr kein Geld mehr zu geben. Ich habe ihr gesagt: “Du kannst dein Geld innerhalb eines Tages  ausgeben oder innerhalb eines Monats.”

Einmal hatte sie ihren Lehrlingslohn innerhalb weniger Tage ausgegeben. Ich meinte daraufhin, dass ich ihr Geld gebe, sie jetzt aber Schulden bei mir habe und sie es nächsten Monat zurück zahlen müsse.

Für meine Kinder mache ich alles, aber damit sie lernen können mit Geld umzugehen, muss ich mich so streng verhalten.

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Was sind deine grössten Ausgabeposten?

Am meisten Geld gebe ich für den Einkauf von Nahrungsmitteln aus und wenn die Kinder neue Kleidung brauchen.

In der Migros kann ich mir fast keine Früchte mehr leisten. Es ist so teuer geworden. Da wir sehr nahe an der Grenze zu Österreich wohnen, fahren wir oft über die Grenze, um dort im Hofer einzukaufen. Wir essen selten in Restaurants. Vielleicht einmal in zwei Monaten. Wir essen lieber zuhause.

Nazmije Ajeti
In der Migros kann ich mir fast keine Früchte mehr leisten. Es ist so teuer geworden.

Wie viel Geld bleibt dir am Ende des Monats übrig?

Momentan nichts.

Gibt es Dinge, die du trotzdem kaufst, obwohl es finanziell nicht reicht?

Nein, nie. Ich würde mir nie Schulden aufhalsen.

Kannst du sparen?

Nein. Wir schauen einfach, dass wir am Ende des Schuljahres für die Sommerferien in die Heimat reisen können.

Du kannst nicht sparen. Aber du spendest trotzdem?

Ich versuche, ein bis zwei Mal im Jahr zu spenden. Meistens für Waisenkinder oder verwitwete Frauen im Kosovo, die nichts haben. Jährlich ist das ungefähr ein Betrag von 300 Franken. Ich spende, weil es mir wichtig ist, diese Personen zu unterstützen. Ich bin einfach so. Ich könnte nicht nicht spenden. Natürlich fühle ich mich auch gut dadurch.

Die Pandemie hat die Ungleichheit weltweit verstärkt und vor allem Frauen finanziell hart getroffen. Macht dir das Sorgen?

Wegen der Pandemie hatten wir oft Kurzarbeit. Als sie uns dies in der Firma mitteilten, bereitete mir das grosse Sorgen. Ich muss aber auch zugeben, dass ich die freie Zeit zuhause schliesslich auch genossen habe. Wir konnten sowieso nichts dagegen tun. Ich konnte mich also ein bisschen ausruhen, denn als Mutter habe ich fast nie eine Pause.