Die Start-up-Szene boomt – auch in der Schweiz. Im vergangenen Jahr wurden hierzulande über 49’000 neue Firmen ins Handelsregister eingetragen. Im Zehnjahresvergleich ist die Zahl der Firmengründungen in der Schweiz um rund 13 Prozent gestiegen. Und auch die Zahl der Gründerinnen nimmt zu!

Die Zahl der Gründerinnen steigt – aber wo bleibt das Funding?

So wurden 37 Prozent aller neuen Firmen von reinen Frauenteams  gegründet. Schaut man sich jedoch genauer an, welche Firmen von Frauen gegründet werden und vor allem, in welche Firmen das grosse Geld fliesst, ist es ein ewiges Déjà-vu: Frauen sind bei wachstumsorientierten Start-up-Gründungen deutlich untervertreten. Das heisst, sie gründen deutlich weniger Unternehmen, die fremdfinanziert sind, hohe Investitionskosten benötigen und international durch die Decke gehen.

Schaut man sich jedoch genauer an, welche Firmen von Frauen gegründet werden und vor allem in welche Firmen das grosse Geld fliesst, ist es ein ewiges Déjà-vu: Frauen sind bei wachstumsorientierten Start-up-Gründungen deutlich untervertreten.

So werden aktuell beispielsweise im Tech-Bereich nur zehn Prozent der Unternehmen von weiblichen Teams gegründet. Noch schockierender sind die Zahlen, wenn es um das Thema Funding geht: Von allen Start-ups, die 2022 Fremdfinanzierung – also Geld von Investor:innen – erhalten haben, wurden nur sieben Prozent von Frauen geführt.  Dieses Problem ist global bekannt und hält sich hartnäckig: Europaweit fliessen nur zwei Prozent des Kapitals von professionellen Investor:innen, sogenannten Venture Capitalists, in reine Frauenteams. Entsprechend wenige Frauenteams haben es Stand heute in den Club der sogenannten Unicorns geschafft und aus ihren Start-ups gigantische Monsterfirmen hervorgebracht. Eine der wenigen unter ihnen ist Whitney Wolfe Herd, die mit der digitalen Dating-Plattform Bumble einen Börsengang mit einer Firmenbewertung von über 8 Milliarden US-Dollar schaffte.

Gender Funding Gap – ein Huhn-Ei-Problem?

Das hat laut Studien verschiedene Gründe. Zum einen brauchen Gründer:innen ein starkes Netzwerk, um an Finanzierung zu kommen. Schliesslich geht es bei Investitionen in Start-ups um viel Vertrauen. Da die Investorenseite häufig sehr männerdominiert ist – Gender Investment Gap und Overall Gender Earnings Gap lassen grüssen – ist es für Gründerinnen schwieriger, sich zu vernetzen. Viele Investor:innen treffen ausserdem sogenannte «like-me»-Entscheidungen, wenn sie investieren. Damit ist die Tendenz gemeint, in Menschen zu investieren, die einem selbst ähnlich sind. Wenn global 70 Prozent der Investor:innen weisse Männer sind, kann sich jede:r vorstellen, wohin das führt.

Viele Investor:innen treffen ausserdem sogenannte «like-me»-Entscheidungen, wenn sie investieren. Damit ist die Tendenz gemeint, in Menschen zu investieren, die einem selbst ähnlich sind.

Dazu kommt ein Huhn-Ei-Problem: Wenn die Mehrheit des grossen Geldes in Start-ups von Männern fliesst, erstaunt es nicht, dass die erfolgreichsten CEOs von Start-ups bisher ebenfalls primär Männer sind. Dies wiederum führt zu einer Verzerrung in der Wahrnehmung von Investor:innen – nämlich, dass Männer die besseren Unternehmer sind. Als Resultat werden Investitionen in von Frauen geführte Unternehmen zu Unrecht als risikoreicher wahrgenommen.

Plot-Twist: Frauen sind wirtschaftlich im Schnitt erfolgreicher

Denn was leider viel zu wenig bekannt ist: Frauen haben nicht nur häufig sozialere Geschäftsideen als Männer (dazu empfehle ich diesen Artikel zu den sogenannten Zebracorns). Sie sind nicht nur häufiger intrinsisch motiviert (63 Prozent der Gründerinnen geben in Umfragen an, dass sie primär ein Start-up gründen, weil sie etwas verändern wollen).

Kurz gesagt: Für Investor:innen ist das Investieren in weiblich geführte Start-ups lukrativ, weil sie ihr Geld im Schnitt früher und mit einer höheren Rendite zurückbekommen.

Nein, sie sind im Schnitt auch wirtschaftlich erfolgreicher. So zeigen Studien wie beispielsweise diese aus den USA, dass Start-ups von Frauen effizienter mit ihrem Geld umgehen, ein höheres Wachstum in der Bewertung ihrer Firmen haben und früher einen Exit – einen Verkauf des Unternehmens, bei dem die Investor:innen aussteigen können – machen. Kurz gesagt: Für Investor:innen ist das Investieren in weiblich geführte Start-ups lukrativ, weil sie ihr Geld im Schnitt früher und mit einer höheren Rendite zurückbekommen.

Investitionen in soziale und nachhaltige Start-ups kommen also der Gesellschaft zugute und führen dazu, dass Innovationen von einer breiteren Gruppe Menschen geprägt werden – was mindestens die Hälfte der Konsument:innen, nämlich die Frauen, freut. Und Investor:innen stört es sicher auch nicht, wenn ihr Geld gut angelegt ist.

Frauen finanzieren Frauen als Lösung?

Nun könnte man sagen, dass doch vor allem Frauen in weiblich geführte Start-ups investieren sollten. Schliesslich sehen sie das Potenzial hinter diesen Geschäftsideen vielleicht eher und sind aufgrund des oben beschriebenen «like-me»-Effekts auch prädestiniert dafür.

Wenn Frauen nur von Frauen finanziert werden, haben sie es danach häufig schwieriger, erneut Geld zu erhalten für ihre Unternehmen.

Schaut man sich jedoch die neueste Studie aus dem Harvard Business Review an, zeigt sich: Das reicht nicht! Wenn Frauen nämlich nur von Frauen finanziert werden, haben sie es danach häufig schwieriger, erneut Geld zu erhalten für ihre Unternehmen. Weshalb? Weil Investor:innen dann annehmen, dass sie nur Geld erhalten haben wegen ihres Geschlechts und nicht, weil ihre Geschäftsidee wirklich gut ist. Sie werden also ähnlich wahrgenommen wie eine  «Quotenfrau», die vermeintlich nur wegen ihres Geschlechts einen Job bekommen hat.

Entsprechend ist es wichtig, dass bei den grossen Venture-Capital-Firmen nicht nur Frauen nach Gründerinnen Ausschau halten. Dass nicht nur grössere private Investorinnen in Frauen investieren. Und dass sich nicht nur Frauen an Crowdinvestings von Frauen beteiligen. Wir alle sollten mehr in Gründerinnen investieren.

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