Wir fragen Männer, was sonst nur Frauen gefragt werden. Wir wollen damit einen Dialog über Stereotypen in Gang setzen, zum Nachdenken und Schmunzeln anregen, aber auch Toxizität entlarven. Wir wollen auch Männer auf der Plattform ansprechen und zu unseren Botschaftern machen.

Wie viele Kinder hast du?

Ich habe zwei Kinder, ein Mädchen und ein Junge. Sie sind 23 und 20.

Wow. Schon so gross! Du hast dich gut gehalten. Hast du damals den Brei selbst gekocht?

Den Brei? (Schaut nach oben und denkt nach.) Ja, habe ich auch gemacht.

Hast du dich nachts schon einmal schlafend gestellt, als die Kinder klein waren?

Ehrlich gesagt, war ich der, der oft nachts schlafen durfte. Wir sind damals sehr spät ins Bett gegangen. Ich lebte damals in Basel und musste um sechs Uhr aufstehen und nach Zürich reisen – von Nachtschichten blieb ich deshalb verschont.

Ich bin aber nachts manchmal jäh aufgewacht und habe geschaut, ob alles gut ist. Ich fürchtete mich vor dem plötzlichen Kindstod.

Würdest du sagen, dass du ein guter Vater bist?

Zögert... das ist wahnsinnig schwierig zu beantworten, ob ich ein guter Vater bin. Ich hoffe es. Ich muss mal meine Kinder fragen.

Warum hast du das noch nie gefragt?

Das weiss ich auch nicht. Vielleicht, weil ich Angst habe vor einer Reaktion. Wenn die Antwort ein «Ja, aber...» wäre.

Hast du als Vater manchmal auch ein schlechtes Gewissen?

Nein.

Nie?

Eigentlich nicht. Ich probiere immer, das Bestmögliche zu machen.

Wirklich?

Ja doch. Allerdings habe ich einmal die Sommerferien abgesagt wegen eines Jobs.

War es das wert?

Nein, das war es rückblickend nicht. Ich hatte damals das Gefühl, es sei ausweglos für mich. Wir hatten damals gerade die Agentur gegründet. Es war eine Riesenchance für uns und das Projekt war sehr kompliziert.

Was für ein Auftrag war das?

Ein Projekt für Google.

Und deine Familie?

Die sind dann zusammen in die Toskana gefahren und ich sass hier fest während eines verregneten Sommers. Das ist etwas, worüber ich immer noch manchmal nachdenke. Damals erschien es mir alternativlos.

Würdest du das heute nochmals tun?

Nein, heute wäre ich viel gelassener, was die beruflichen Ansprüche betrifft, aber ich bin heute auch in einer anderen Lebensphase.

Ich war ein sehr junger Vater, ich habe mit 23 mit diese Verantwortung übernommen. Damals strotzte ich nur so vor Selbstbewusstsein, heute hätte ich mehr Respekt vor dieser Aufgabe.

Wie gehst du mit der Mental Load um?

Was ist das?

Journalistin schlägt die Hände vor das Gesicht. Google das bitte mal.

Ok. Soll ich jetzt gleich?

Ja bitte.

Ah, psychische Belastung, sag das doch einfach.

Ja, aber im Zusammenhang mit Kindern, Beruf und der ganzen Mikro- und Makro-Organisation. Ich mache dir ein Beispiel: Hast du den Adventskalender deiner Kinder jeweils befüllt?

Nein.

Eben. Das wäre so eine Aufgabe. 24 Kleinigkeiten mal zwei rechtzeitig in kleine Säckli packen.

Aaah, jetzt weiss ich, was du meinst. Ja, diesen Advent hatte ich den Kalender für meinen Göttibub am 5. Dezember fertig. Erst am 5. Dezember. Das ist schon peinlich.

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Hattest du in der Schwangerschaft Stützstrumpfhosen an, und falls ja von welcher Marke?

Nein, die habe ich leider nie getragen. Wusste gar nicht, dass es Marken gibt.

Sie sind eh alle furchtbar eng. Und sonst: Fogal oder Falke?

Ähm, ich sage Falke, ist glaube ich funktionaler.

Hast du noch nie eine Kampagne für Strumpfhosen gemacht?

Nein, nur für Agent Provocateur, aber das zählt glaube ich nicht als Strumpfhose.

Bleiben wir gleich bei diesem Thema. Trägst du Reizwäsche?

Nein nie.

Sondern?

Funktionale Unterwäsche, sieht auch gut aus.

Also Funktionsunterwäsche? (Journalistin grinst.)

Nein, funktional (grinst ebenfalls, bleibt aber persistent).

Merkst du in deinem Alter, wie du langsam unsichtbar wirst, für das andere Geschlecht?

Ja, das schon.

Und?

Ist halt so. Ich habe die Midlife Crisis überwunden.

Wie war das?

Man merkt, dass man nicht mehr ganz jung und noch nicht ganz alt ist. Das war schwierig und auch schmerzhaft. Man muss aufpassen, dass man sich selbst nicht verliert.

Wie meinst du das, sich selber verlieren?

Ich musste schauen, dass ich mit dieser Lebensphase zurecht komme, mich zurückbesinnen, was mich ausmacht. Das war ein durchaus ernsthafter Prozess.

Was macht dich denn aus?

(Überlegt...schaut in die Ecke...) Ich glaube... (langes Schweigen.) Ich bin jemand, der gerne Risiken auf sich nimmt, ich bin kein Angsthase, bin einigermassen grosszügig, und... begeisterungsfähig.

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Wo sind deine Problemzonen?

Oberkörper.

Brust?

Brust, Bauch und Haaransatz.

(Journalistin schaut ihn musternd an und bleibt mit dem Blick am schwindenden Haaransatz hängen... beide lachen etwas peinlich berührt.)

Dein Tipp fürs Altern?

Umgib dich mit jüngeren Leuten.

Jüngere Frauen?

Auch. Beides, auch Männer.

Fühlt man sich dann nicht noch älter?

Nein, es haltet mich ab, immer von früher zu erzählen, es zwingt mich, mich mit den Fragen auseinander zu setzen, die jetzt aktuell sind und nicht alles blöd zu finden, was jüngere Leute machen. So überwindet man hoffentlich den inneren weissen alten Mann.

Du bist Werber des Jahres, gratuliere. Findest du, du hast das als Mann verdient?

Nein, in meiner Eigenschaft als Mann nicht.

Wofür hast du dann den Titel bekommen?

Ich habe ja ein paar Anläufe gebraucht, ich war vier Mal nominiert, ich nehme an, es war nun für die gesamte unternehmerische und kreative Leistung über die letzten 14 Jahre als Werber. Und wahrscheinlich wegen der Kampagne zu Corona, das hat bestimmt den Ausschlag gegeben.

Aber schliesslich hat du ja ein ganzes Team um dich, das für dich arbeitet.

Absolut, das habe ich dem Team auch gesagt: es heisst leider nicht Werbeteam des Jahres. Ich war nach Aussen besonders exponiert mit der Kampagne, deshalb hat es wohl dieses Mal auch geklappt.

Was machst du eigentlich so den ganzen Tag als Werber?

Vor allem Videocalls, das mache ich am meisten, dann denke ich mir Sachen aus und schreibe sie auf.

Wo kommen dir die besten Ideen, in der Badewanne?

Nein, im Gespräch mit anderen Menschen.

So ein bisschen à la Thomas Mann.

Wie meinst du das?

Er hat doch viel von seinem Erlebten fast 1:1 in seinen Büchern aufgezeichnet.

Als Arbeitstechnik kann ich das total nachvollziehen. Kreativität entsteht für mich im Ping Pong, ich bin darauf angewiesen, dass ich Input bekomme, den ich aufnehmen und entwickeln kann.

Ich bin sicher nicht kreativ in einem entspannten Zustand, ich brauche Stress, Austausch und Deadlines.

Was war bisher deine liebste Kampagne?

Die eine gibt es nicht, das ist wie wenn man fragt, wer ist dein Lieblingskind. Ich war als Teenager ein grosser Bewunderer der Stop-Aids Kampagne. Für mich ist schon wichtig, dass es uns gelungen ist, diese Kampagne seit 2014 zu begleiten.

Beim BAG scheinst du quasi der Hofwerber zu sein?

Nein, das bin ich nicht, wir haben damals die Ausschreibung zur Love Life Kampagne gewonnen. Love Life und Corona sind die beiden einzigen, die aus unserem Haus kommen.

Aber die anderen Kampagnen haben bestimmt nicht so viel Budget.

Das weiss ich nicht.

Wie hoch ist das Budget dieser Kampagnen?

Seit Beginn der Pandemie betragen die Ausgaben für alle Teil-Kampagnen zu den Verhaltens- und Hygieneregeln sowie für das Impfen zirka 29.5 Millionen Franken. Für LOVE LIFE-Kampagne investiert der Bund jährlich gegen 2 Millionen Franken. Diese Kampagne wurde in den letzten zwei Jahren allerdings ausgesetzt. Der allergrösste Anteil, zirka drei Viertel der Budgets, fliesst jeweils in die Medienwirkung.

Was ist dein Geheimnis als Werber? Gute Connections? Dein Sex Appeal?

Nein, das ist es sicher beides nicht, das nützt eh nicht so viel, bei jedem Thema muss man neue Partner suchen und finden, keine Aufgabe gleicht einer anderen.

Ich glaube, mein Geheimnis als Werber ist letztlich meine Unerschrockenheit.


Viele Frauen fühlen sich von der Werbung nicht angesprochen. Weshalb?

Die allermeisten Leute sagen, sie seien nicht beeinflussbar – ist das wirklich etwas, das Frauen spezifisch ausmacht? Ja, kann natürlich sein, dass Produkte massgeblich von Männern designt werden und die Werbung dann eben auch.

Das spricht also für gemischte Teams.

Ja, an das glaube ich. Und zwar nicht nur auf die Geschlechter bezogen, sondern an Teams aus Menschen mit völlig unterschiedlichen Erfahrungen.

Wie ist es so als Mann mit nur Frauen in einem Raum?

Das kommt eben gar nicht so oft vor. Ich war einmal an einem Meeting für eine Kampagne für eine Kosmetikmarke, da war ich der einzige Mann. Alle Teilnehmerinnen haben einen weissen Goodie-Bag geschenkt bekommen und ich als Mann einen schwarzen mit Produkten mit etwas herbem Duft. «Der Herr bekommt auch etwas», haben sie gesagt. Das hat sich komisch angefühlt, so anders behandelt zu werden. Aber es war nett, immerhin haben sie an mich gedacht.

Ja, immerhin. Frauen bekommen manchmal Krawatten. Führst du mit Gefühl?

Ja.

Was heisst das für dich?

Vieles mit Intuition, ich ziehe es vor, mit Menschen zu arbeiten, mit denen ich wirklich gerne Zeit verbringe.

Ich entscheide bei Einstellungen oft nach Bauchgefühl, das sind dann auch nicht immer Leute mit den poliertesten Lebensläufen. Das hat sich für mich bewährt.

Deine Methode ist ja extrem anfällig für Biases.

Extrem, das stimmt, aber bisher bin ich gut gefahren damit.

Sind deine Haare gefärbt?

Nein. Aber als Teenager waren meine Haare immer gefärbt.

Welche Farbe?

Rot mit königsblauen Spitzen.

Referenz an deinen Heimatkanton Basel?

Nein es war eine ästhetische Entscheidung, ich hatte einen Irokesen Schnitt, ich war damals ein Punk.

Warum warst du Punk?

Mich haben diese Typen mit ihrem schnoddrigen Auftritt extrem beeindruckt.

Warum? Bist du so brav aufgewachsen?

Nein, mich hat das einfach angesprochen.

Also du warst Vater und Punk?

Nein, das endete mit meiner Zeit bei der Schule für Gestaltung, also optisch.

Aber im Herz bist du noch immer Punk?

Ja, irgendwie bleibt das.

Was ist denn das, was es ausmacht?

Ich glaube es ist die Lust an der Provokation.

Auf was achtest du bei deiner Kleidung, hast du einen Signature Look?

Nein, einen Signatur Look habe ich nicht, aber ich muss aufpassen, dass ich nicht zu viel in navy blue kaufe, da muss ich etwas mischen, zum Beispiel mit grau und dunkelgrün.

Das ist aber nicht sehr revolutionär?

Nein das sind die klassisch gedeckten bürgerlichen Farben.

Bist du das denn jetzt: klassisch, bürgerlich, gedeckt?

Ja.

Links oder rechts bürgerlich?

Ein saturierter links-liberaler Bourgeois.

Ein Cüpli-Sozialist.

Ja, das kann man so sagen.

Unter uns, von Kommunikatorin zu Kommunikator: Wie findest du eigentlich elleXX?

Ich habe mit grosser Bewunderung auf den Launch geschaut, und habe mir gedacht: Warum hat es das nicht vorher gegeben? Das ist immer ein zuverlässiger Indikator, dass eine Idee wirklich gut ist, wenn sie einfach erzählbar ist. Das war mein Aha-Moment mit euch, weil die einfachsten Dinge sind immer am schwierigsten zu erfinden, darauf zu kommen und sie umzusetzen. Ich finde übrigens auch, dass es für Männer genauso wichtig ist, sich mit ihren Finanzen auseinanderzusetzen.

Das finden wir auch. Real men support elleXX. Danke, dass du einer von ihnen bist und merci für das offene Gespräch.