Wir fragen Männer, was sonst nur Frauen gefragt werden. Wir wollen damit einen Dialog über Stereotypen in Gang setzen, zum Nachdenken und Schmunzeln anregen, aber auch Toxizität entlarven.
Der Mitgründer der Unternehmen ZEAM und Jobshot ist zweifacher Familienvater und Buchautor und exponiert sich auf LinkedIn zu verschiedenen Themen rund um die Generation Z. Er redet über Kinderbetreuung, Schwangerschaftskilos und verrät seinen persönlichen Styling-Tipp.
Du bist ein wahrer Power-Mann – obwohl du Kinder hast, führst du ein Unternehmen. Warum?
(Lacht.) Weil ich mir beides wünsche.
Wie bringst du Beruf und Familie unter einen Hut?
Indem wir uns gut organisieren und ein Setting geschaffen haben, das für uns gut funktioniert.
Wer passt jetzt auf deine Kinder auf?
Immer die ersten drei Tage der Woche werden sie von Yaëls Mutter betreut, der Rest der Woche teilen wir uns auf. Jetzt ist Anfang Woche, also sind sie in Vitznau bei ihrer Grossmutter.
Du hast gerade Yaël erwähnt. Sie ist deine Partnerin und erfolgreiche Unternehmerin. Darum übernimmst du wahrscheinlich die Kinder in der Nacht. Wie viele Male musst du denn so aufstehen?
Da machen meine Kinder den grössten Teil der Arbeit, indem sie nachts nicht so oft aufwachen. Das ist ein Glück. Aber es ist schon so: Wenn die Kinder nachts aufwachen und einen Schoppen brauchen, dann übernehme ich das.
Hast du als Vater nie ein schlechtes Gewissen, etwas zu verpassen?
Ein schlechtes Gewissen, nein. Ich habe eher manchmal Angst. In den Momenten mit den Kindern merke ich, wie viel mir das gibt. Auch wenn ich viel Zeit mit ihnen verbringe, verbringen sie auch viel Zeit ohne mich, und dann verpasse ich Dinge, die man nicht mehr nachholen kann. Irgendwann werden sie eigene Leben führen, von denen ich nicht mehr Teil sein werde.
Hilft dir Yaël zu Hause auch etwas?
Wir teilen uns die Arbeit auf jeden Fall gleichmässig auf. Wir haben beide unsere Stärken und Schwächen und ergänzen uns sehr gut.
Du bist 27 Jahre alt, Familienvater und nebenbei noch Unternehmer. Findest du nicht, dass du damit viel Druck aufbaust für junge Männer?
Wenn, dann ist es ein guter Druck. Die meisten Männer in meinem Umfeld, die in meinem Alter sind, haben noch keine Kinder. Es ist gut, dass sie sehen, was ich mache. Für mich ist es selbstverständlich, dass ich die Hälfte der Haus- und Care-Arbeit übernehme.
Möchtest du also ein Vorbild sein für junge Männer und ihnen zeigen, dass man auch als Vater Karriere machen kann?
(Lacht.) Ich glaube, es ist jedem Vater klar, dass man Karriere machen kann. Das schliesst sich überhaupt nicht aus. Ich zeige den jungen Männern, dass man auch Vater sein kann neben einer Karriere. Dass man als Mann nicht nur Karriere machen muss. Denn das ist auch ein Druck. Zum Beispiel gibt es auf TikTok den Trend «not getting rich for the Porsche, getting rich, sodass meine Frau einen Blumenladen betreiben kann, der 70’000 Franken minus pro Monat macht». Es herrscht das Narrativ, dass man als Mann viel Geld verdienen und der Frau Materielles ermöglichen muss, um ein «Quality Man» zu sein. Das setzt viele unter Druck und ist nicht gesund.
Wie hast du dich während der Schwangerschaften gefühlt?
In der ersten Schwangerschaft war alles noch neu, und ich war einfach nur aufgeregt. Ich fand es sehr schön.
Oh, wie herzig. Und das zweite Mal?
Die zweite Schwangerschaft war anders, weil ich wusste, was kommen wird. Grundsätzlich fühlte ich mich verantwortlich für Yaël und unser erstes Kind. Yaël war höchstens einmal bei einem Arzttermin, wo ich nicht dabei war. Ich versuchte mich zu involvieren, soweit das als Vater zu dem Zeitpunkt möglich war. Man ist während der Schwangerschaft als Mann nicht so wichtig, aber es ist trotzdem zentral, dass man da ist.
Hast du die Schwangerschaftskilos schon wieder runter?
Ich habe mich tatsächlich physisch auf die Geburt vorbereitet, und zwar indem ich mehr trainierte. Ich dachte, dass ich nach der Geburt weniger Zeit für Sport haben werde.
Du gehst jetzt auf die 30 zu. Merkst du Veränderungen an deinem Körper?
Noch nicht gross. Aber ich höre oft davon. Viele meiner Freunde sind etwas über 30, und es soll ja kommen. Im Moment kann ich mir das noch nicht vorstellen, weil ich mehr Energie habe als je zuvor.
Ich möchte noch ein bisschen über dein zweites Standbein, euer Unternehmen, reden. Hast du deinen unternehmerischen Erfolg Yaël zu verdanken?
Ja, auf jeden Fall. Genauso wie man als Unternehmer die richtige Idee finden muss, braucht man auch die richtigen Menschen, um sie umzusetzen. Ohne Yaël wäre ich sicher nicht an dem Punkt, wo ich heute stehe.
Musstest du in deiner Karriere wegen deiner Kinder eigentlich auf etwas verzichten?
Auf ein Auslandssemester an einer der besten Universitäten der Welt. Als unser erstes Kind auf die Welt kam, war ich noch im Studium und hatte mir die Zulassung für ein Auslandssemester an der London School of Economics erarbeitet. Dieses startete zwei Tage vor der Geburt, darum habe ich es online absolviert. Das war akademisch trotzdem spannend, aber sicher nicht vergleichbar mit der ganzen Erfahrung.
Fragst du dich manchmal, ob du das alles kannst, was du so machst?
Ich weiss, was ich alles nicht kann. Das ist auch gut zu wissen. Aber mir ist auch bewusst, was ich richtig gut kann, und ich versuche, mich vor allem darauf zu konzentrieren. Für alles, was ich nicht so gut kann, gebe ich die Verantwortung ab. Zum Beispiel an Yaël, weil sie viele Dinge kann, die nicht zu meinen Stärken gehören.
Worin bist du nicht gut?
Nein zu sagen ist etwas, das ich von Yaël lernen musste. Ich realisierte früher nicht, wie wichtig das ist. Diese Worte von Yaël habe ich immer im Kopf: Jedes Ja ist auch ein Nein und jedes Nein ist auch ein Ja. Sie ist extrem in dieser Hinsicht. Ich bin sehr begeisterungsfähig und habe tausend Ideen. Yaël ist da ein erbarmungsloser Filter, der die Dinge auf ihre Essenz herunterkocht. Ich bin noch lange nicht so gut wie sie und brauche ihre Unterstützung, aber ich habe mich in den letzten Jahren mit ihr zusammen bereits stark verbessert.
Gut, dass du eine Frau an deiner Seite hast, die dich etwas coacht. Wie konntest du beweisen, dass du fähig bist, ein Unternehmen zu gründen?
Das musste ich nie beweisen. Ich wurde nie hinterfragt in der Entscheidung, ein Unternehmen zu gründen.
Warum suchst du als Mann eigentlich so stark die Öffentlichkeit?
Im stillen Kämmerchen verändert man nichts. Ich möchte mitgestalten. Dafür muss man sich nach draussen trauen.
Männer sind ja normalerweise die sanfteren Wesen. Wie kommst du mit dem rauen Ton in den Medien zurecht?
Was, Männer sind die sanfteren Wesen?
Ja.
(Überlegt.) Medien … Es ist teilweise erschreckend. Der raue Ton ist das eine, aber das Negative finde ich schon krass. Die Narrative, die geschaffen werden. Man muss sich bewusst sein, dass es auch Personen sind, die diese Dinge schreiben. Sie haben ihre eigenen Gefühle, Gedanken und Klicks, die sie erreichen müssen. Die kennen einen ja nicht persönlich. Das muss man abstrahieren können, aber man muss sich auch nicht alles gefallen lassen.
Wie wehrst du dich?
Indem ich meine eigene Reichweite habe. Früher musste man alles über sich ergehen lassen, was in den Medien stand, und hatte keine Möglichkeit, die eigene Seite aufzuzeigen. Das ist heute anders. Mit eigenen Plattformen kann man teilweise mehr Personen erreichen, als das Medien können.
Wie hat eigentlich dein Aussehen deine Karriere beeinflusst?
Boah, keine Ahnung. Es ist sicher ein Vorteil für mich, jung zu sein, obwohl ich kein speziell junges Erscheinungsbild habe. Aber für das wirtschaftliche Umfeld, in dem ich mich bewege, war ich schon immer sehr jung und bin dadurch aufgefallen, und Auffallen ist gut.
Auf was achtest du bei deiner Kleidung und deinem Look?
Hmm … Ich möchte mich jeden Tag so kleiden, dass es zu meinem Mood passt und ich mich wohl fühle. Also die positiven Gefühle verstärkt nach aussen tragen, die ich am Morgen beim Aufstehen verspüre.
Bist du also ein Gefühlsmensch?
Ja.
Wie viel Zeit investierst du pro Tag in dein Äusseres?
(Schmunzelt.) Es kommt darauf an, was alles dazu zählt.
Na dann erzähl mal.
Meine Morgenroutine dauert nicht so lange. Wenn ich aufstehe, dann bin ich 30 Minuten später ready. Aber Sport ist ja irgendwie auch eine Investition ins Äussere, und das mache ich regelmässig.
Du trägst auf vielen Fotos ein oranges Shirt. Wählst du Farben bewusst aus?
Ja, definitiv. Orange fällt auf, und darum trage ich es beispielsweise auf Profilfotos.
Wer hilft dir bei deiner Kleiderwahl?
Seit Neustem mein dreijähriger Sohn. Er sagt mir, wenn ich etwas «Lustiges» trage. Das sind dann meistens etwas ausgefallenere Kleidungsstücke. Grundsätzlich entscheide ich selbst. Wenn ich mir nicht sicher bin, ob eine Farbkombination oder ein Outfit passen, dann frage ich Yaël.
Hast du Styling-Tipps, die du weiterempfiehlst?
Für mich persönlich ist es wichtig, mich zu stylen, wie ich mich fühle. Man sollte nicht immer den gleichen Look erzwingen, sondern das Outfit an die Gefühle anpassen.