Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:36
Ort:Winterthur
Beruf:Floristin und Unternehmerin
Einkommen:CHF 60'000 im Jahr
Schulden:keine
Grösster Ausgabeposten:Miete und Essen – rund ein Drittel des Einkommens
Vermögen:das eigene Unternehmen und wenig Erspartes

Welche Gefühle löst Geld bei dir aus?

Geld bedeutet für mich Freiheit. Ich weiss, dass es für viele auch Sicherheit bedeutet, weil sie damit ihren Lebensunterhalt bestreiten, sich ernähren und Geld für die Kinder brauchen. Aber ich verbinde Geld nicht in erster Linie mit Sicherheit. Es ist entweder vorhanden oder nicht. Wenn es vorhanden ist, dann habe ich gewisse Freiheiten. Wenn es nicht da ist, dann muss ich mich einschränken.

Welche Beziehung hast du denn zu Geld?

Geld ist mir nicht so wichtig. Als ich ein Kind war, hatten wir wenig Geld. Für mich war also früh klar: Wenn ich Geld brauche, dann muss ich was dafür tun. Wenn bei uns zu Hause kein Geld da war, dann haben wir das Problem immer irgendwie kreativ gelöst. Ich habe dadurch gelernt, dass Geld nicht das Wichtigste ist. Und bis heute steht Geld für mich nicht im Vordergrund. Klar, man kann sich damit tolle Dinge leisten, schöne Erlebnisse haben oder jemandem eine Freude machen. Das meiste ist aber auch ohne Geld möglich.

Wie war das denn in deiner Kindheit, als ihr kreative Lösungen gefunden habt? Erinnerst du dich da an ein Beispiel?

Ein konkretes Beispiel ist schwierig. Ein Kind ist ja nicht aufs Materielle fixiert, Kinder kann man mit fast allem begeistern. Anstelle von teuren Ausflügen kann man auch einfach den Rucksack packen und mit dem Velo zu einer Schatzsuche aufbrechen. Als ich ein Kind war, haben wir genau solche Dinge gemacht und so viele schöne Erlebnisse und Erinnerungen geschaffen. Das hat mir immer viel gegeben – auch eine gewisse Unabhängigkeit.

Wie meinst du das?

Ich habe gelernt, dass man aus ganz wenig viel machen kann. Ich habe gelernt, mir Aufgaben zu suchen und mich mit Dingen zu beschäftigen und auseinanderzusetzen. Diese Erfahrung und diese Haltung haben meinen Werdegang geprägt. Aber gleichzeitig steht diese Aussage im Widerspruch zu meiner heutigen Tätigkeit als Floristin.

Samantha Bühler
Als Floristin bin ich Handwerkerin. Andererseits arbeite ich mit einem Luxusgut. Manchmal ist es schwierig, diesen Luxus mit dem Handwerk und meiner inneren Haltung zu vereinbaren.

Inwiefern?

Naja, als Floristin bin ich eine Handwerkerin. Andererseits arbeite ich mit einem absoluten Luxusgut. Manchmal ist es schwierig, diesen Luxus und den Konsum, von dem ich und meine Mitarbeitenden ja leben, mit dem Handwerk und meiner inneren Haltung zu vereinbaren. Ich persönlich mag schöne Dinge, aber ich bin nicht fixiert auf das Konsumieren. Viel zu besitzen ist mir nicht wichtig.

Du führst ein eigenes Blumengeschäft. Wie bist du dazu gekommen?

Schon meine erste Stelle nach der Lehre war hier im Grünraum. Ich war damals aber nur ein Jahr da. Wenn man jung ist, hat man viele Ideen und will sich ausprobieren und weiterentwickeln. Darum bin ich weitergezogen. Einige Jahre später hat mich die Inhaberin des Geschäfts angerufen und gesagt: «Samantha, ich bin jetzt 74 Jahre alt und ich möchte mein Geschäft übergeben. Du bist die Einzige, der ich das zutraue.»

Wow, wie hast du da reagiert?

Ich war überrascht, etwas überrumpelt, und gleichzeitig habe ich mich auch sehr gefreut. Ich war damals 28 Jahre alt und mitten in meiner Meisterausbildung. Diese wollte ich abschliessen und dann das Geschäft übernehmen. Ich dachte mir: Wenn eine so erfahrene Unternehmerin mir das zutraut, dann kann ich das. Und ich habe mir ein klares Ziel gesetzt: Ich wollte im ersten Jahr schwarze Zahlen schreiben. Wäre mir das nicht gelungen, hätte ich nicht weitergemacht. Aber wir haben es geschafft. Wir sind gewachsen und haben uns weiterentwickelt. Manchmal frage ich mich heute, wie es passiert ist, dass ich inzwischen zwölf Mitarbeitende habe.

Blumen sind für viele ein Luxus, den man sich gönnt oder verschenkt. Wie beeinflusst die aktuelle wirtschaftliche Lage das Geschäft? Kaufen die Leute spürbar weniger Blumen?

Das ist eine gute Frage. Ich glaube, das hängt sehr davon ab, welche Kundschaft man hat. Bei uns ist es so, dass die Leute nicht weniger Blumen kaufen, aber wir haben sie in den letzten Jahren für gewisse Dinge wie Saisonalität und Regionalität sensibilisiert und unsere eigene Philosophie verändert.

Wie habt ihr das gemacht mit der Sensibilisierung?

Die Coronapandemie hat bei uns diesbezüglich viel verändert. Als ich das Geschäft vor sechs Jahren übernommen habe, war für mich klar, dass es in erster Linie darum geht, die Löhne und meine Schulden von der Übernahme zu bezahlen und mich als Floristin inWinterthur zu etablieren. Bis zur Pandemie lief das Geschäft ganz gut. Dann kam Corona, und alles war anders.

Brach das Geschäft ein?

Nein, im Gegenteil. Wir hatten so viel zu tun wie nie zuvor. Der Laden war zwar geschlossen, aber wir durften arbeiten. In dieser Zeit hatten wir unglaublich viele Bestellungen und Anfragen. Eine Person war immer am Computer oder am Telefon und hat pausenlos Bestellungen entgegengenommen. Eine andere hat den ganzen Tag ausgeliefert. Teilweise haben wir zwölf Stunden am Stück gearbeitet. Es war natürlich sehr schön, den Menschen Freude und Abwechslung ins Haus zu bringen. Aber emotional und körperlich auch sehr anstrengend. Als alle wieder rauskonnten, waren wir total fertig. Gleichzeitig haben wir damals festgestellt, dass wir unsere Geschäftsphilosophie anpassen und weiterentwickeln können.

Samantha Bühler
Die Pandemie hat uns den Mut gegeben, zu sagen: Nein, wir haben im Februar keine roten Rosen.

Was war denn eure Philosophie?

Während der Pandemie haben wir fast ausschliesslich mit Schweizer Blumen gearbeitet. Weil es einfach fast nichts anderes gab. Und eigentlich wollten wir das schon lange machen. Es war uns immer ein Anliegen, möglichst saisonal und regional zu arbeiten. Die Pandemie hat uns den Mut gegeben, uns hinzustellen und zu sagen: Nein, wir haben im Februar keine roten Rosen. Das war sehr befreiend, und wir haben entschieden, so weiterzumachen. Inzwischen bauen wir auch unsere eigenen Blumen an. Wir haben uns durch die Pandemie also stark mit den Fragen auseinandergesetzt: Wer sind wir? Was wollen wir? Wofür möchten wir stehen?

Hat dich Geld schon mal gestresst?

Ja, immer wieder mal. Geld stresst mich in geschäftlichen Belangen mehr als im Privaten. Wenn ich beispielsweise einen Monat habe, in dem es nicht so gut läuft und ich eine Rechnung nicht bezahlen kann und sie aufschieben muss. Das liegt auch daran, dass ich im letzten Jahr fast unsere ganzen Reserven investiert habe. Das heisst, für die schwachen Zeiten ist kaum Puffer vorhanden. Bis sich diese Investitionen auszahlen, dauert es drei Jahre. Das stresst mich schon ein bisschen.

Wie gehst du mit diesem Druck um?

Ich probiere immer, loszulassen und die längerfristige Perspektive einzunehmen. Ich sage mir dann: Es ist jetzt einfach in diesem Monat so. In jedem Geschäftsjahr gibt es Höhen und Tiefen. Übers Jahr gesehen gleichen sich diese Wellenbewegungen meistens aus.

Hat dir das als Unternehmerin schon mal schlaflose Nächte beschert?

Ich schlafe zum Glück sehr gut. Aber es gibt durchaus Themen, die mich beschäftigen, die ich mit ins Bett nehme und die dann drehen. Dabei geht es aber weniger ums Geld. Schlaflose Nächte habe ich eher wegen herausfordernden Situationen mit meinen Mitarbeitenden oder vor einem grossen Auftrag. Dann gehe ich immer und immer wieder im Kopf durch, ob alles vorbereitet ist, gepackt und erledigt ist.

Samantha Bühler
Wir können bei zahlreichen wichtigen Ereignissen von Menschen dabei sein – von der Geburt über Geburtstage und Hochzeiten bis zum Tod. Das ist wahnsinnig schön.

Wie viel Geld verdient man eigentlich mit Blumen?

Das ist eine schwierige Frage. Wenn du damit meinst, wie viel Geld Ende Jahr unter dem Strich übrig bleibt, dann muss ich sagen: nicht viel. Viel wichtiger ist für mich aber das, was mir mein Job sonst noch gibt. Wir haben fast wöchentlich Anfragen von Menschen, die eine Depression oder ein Burn-out haben und die bei uns mithelfen und etwas mit den Händen machen wollen. Das zeigt mir immer wieder, was ich für ein Privileg habe. Mein Team und ich haben einen Arbeitsort, an dem wir einander schätzen. Wir dürfen jeden Tag einer Arbeit nachgehen, die uns erfüllt – auch wenn wir manchmal total fertig sind. Und wir können bei zahlreichen wichtigen Ereignissen von Menschen dabei sein – von der Geburt über Geburtstage und Hochzeiten bis zum Tod. Das ist wahnsinnig schön, und das ist für mich viel wichtiger, als wie viel am Ende vom Monat auf meinem Konto ist.

Morgen ist Valentinstag. Ist das für euch noch immer einer der wichtigsten Tage?

Wir sind nicht so das klassische Valentins-Geschäft. Unsere Kundschaft nutzt nicht nur diesen Tag, um jemandem zu sagen: Ich habe dich gern. Und wir hypen den Valentinstag nicht. Wir verkaufen wie gesagt auch keine roten Rosen, weil die gerade keine Saison haben. Letztes Jahr gab es bei uns zum Valentinstag Tulpen aus der Schweiz, dieses Jahr sind es Ranunkeln. Die steht übrigens für Schönheit und dafür, wenn man von jemandem hin und weg ist. Der Valentinstag ist bei uns auch nicht besonders umsatzstark. Wir verdienen etwa so viel wie an einem normalen Samstag. Ich kenne es aber auch anders: In meinem Lehrbetrieb haben wir am Valentinstag zwischen zwei und drei Wochenumsätzen gemacht.

Soll man denn an diesem Tag tatsächlich Blumen schenken?

Das kann man schon machen. Aber ich finde es fast wichtiger, dass man sich auch unter dem Jahr mal sagt, dass man sich gern hat. Für alle, die das sonst nie tun, ist der Valentinstag da. Und natürlich für alle Romantiker:innen und Verliebten.

Wenn ich bei euch einen schönen Strauss zum Valentinstag kaufen möchte, mit wie viel muss ich da rechnen?

Das ist schwierig zu sagen. Du findest bei uns was Schönes für 20 Franken, aber du kannst auch 200 Franken ausgeben. Grundsätzlich gilt: Es muss für dich stimmen, und wir arbeiten gerne mit unseren Kund:innen zusammen. Und die Devise «je teurer, desto schöner» gilt bei uns nicht; alle werden glücklich.