Lara Sophie Bothur ist auf LinkedIn einflussreicher als Spitzenpolitiker und Top-CEOs. Warum Zahlen halfen, dass ihre Arbeitgeberin diese Stelle schuf, wie viele Menschen sie erreicht und welche LinkedIn-Hacks sie kennt, verrät sie im Money Talk.

Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:27
Ort:Hamburg
Beruf:Voice for Innovation & Corporate Tech Influencerin bei Deloitte
Einkommen:-
Schulden:Keine
Grösster Ausgabeposten:Miete + Nebenkosten, Car-Sharing, Rechtsschutz und Tech-Abos wie ChatGPT und LinkedIn Premium
Vermögen:-

Hast du deine Kosten im Griff?

Das kann ich dir genau sagen (zückt ihr Handy und öffnet eine Budget-App). Meine Fixkosten betragen 45 Prozent, und 24 Prozent kann ich monatlich sparen. Es ist beispielsweise essenziell, dass die Miete nie mehr als ein Drittel des Einkommens beträgt.

(Interviewerin leicht verblüfft, noch nie hat jemand so schnell die Zahlen genannt.) Kann es sein, dass du ein Zahlenmensch bist?

Definitiv. Ich bin heute nur da, wo ich bin, weil ich meinen Impact mit Zahlen und Fakten nachweisen konnte.

Du bist Europas erste Corporate Influencerin und Voice for Innovation beim Wirtschaftsprüfer Deloitte. Wie wird man das?

Ja, Favikon hat mich aktuell als einflussreichste LinkedIn-Creator in Tech und IT in Deutschland und dritteinflussreichste LinkedIn-Creator weltweit gelistet.

Lara Sophie Bothur
Es ist entscheidend, Dinge messbar zu machen! Fakten und Zahlen sind wichtig. Ich habe letztes Jahr mehr als 140 Millionen Menschen erreicht. Pro Post erreiche ich durchschnittlich 840'000 Menschen.

Das macht dich einflussreicher als manche:n Politiker:in?

Ja, in der Tat, wenn ich mir die Wachstumsrate meines LinkedIn-Profils anschaue, liegt diese bei 23 Prozent. Damit erziele ich neben dem deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck die grösste Wachstumsrate im deutschsprachigen Raum.

Ein genialer Schachzug von Deloitte …

Ich bin dafür nicht ausgewählt worden, sondern habe mein Jobprofil selbst erschaffen.

Das war deine Idee?

Ja, diesen Job gab es vorher nicht. Ich war eine normale Mitarbeiterin, eine strategische Technologieberaterin bei Deloitte, bis ich eine Marketingkampagne zu Technologie & Innovation begleitet habe. Parallel dazu habe ich einen Post auf LinkedIn publiziert, in dem ich meinem 101 Jahre alten Opa Car Sharing erklärte. Dieser Post ging viral und generierte 350'000 Views. Ich habe danach weiter gemacht, komplexe Tech-Themen vereinfacht und die Inhalte via Social Media verbreitet.

Und wie viel Zeit kostet dich dieses «Corporate Influencing»?

Es lief so gut, dass wir intern entschieden, dass ich das als Experiment Vollzeit versuchen soll. Und es hat funktioniert. Nun «influence» ich schon seit zwei Jahren full-time. Man darf das nicht unterschätzen, ich bin 100 Prozent dafür angestellt. Zeitlich ist es ein Rieseninvestment.

Warum unterschätzen das viele Firmen?

«Ein paar hübsche Bilder und Emojis zu posten, sollte ja nicht so schwierig sein.» Diese Vorurteile haben einige gegenüber der «normalen» Influencer:innen-Welt. Als Business Influencerin hingegen engagiere ich mich Tag und Nacht dafür, über spannende und gehaltvolle Tech-Themen zu kommunizieren. Ich erhalte Hunderte von Nachrichten und  Rückfragen und beantworte diese. Dazu recherchiere ich stundenlang, lese Papers und die neuesten Forschungsergebnisse. Ich reise und entdecke neue Technologien – und die Postings des CEO mache ich übrigens auch noch. Dazu entwickle ich meine Rolle stetig weiter und zeige mit Statistiken und Analytics den Wert meiner Arbeit auf.

Wie machst du das?

Es ist entscheidend, Dinge messbar zu machen! Fakten und Zahlen sind wichtig. Ich habe letztes Jahr mehr als 140 Millionen Menschen erreicht. Pro Post erreiche ich durchschnittlich 840'000 Menschen. Das Engagement beträgt im Schnitt 5200 (Anm. der Redaktion: Gesamtzahl der Likes, Comments und Shares). Dabei ist es wichtig, die Zielgruppe zu verstehen. Mein Ziel: junge Talente, potenzielle Kund:innen und Partner:innen erreichen.

Trotzdem: Lässt sich deine Arbeit überhaupt monetarisieren? Wie viel Geld bringt das dem Unternehmen letztlich?

Ich gebe dir ein konkretes Beispiel. Ich habe einen Post über Google und Deloitte veröffentlicht. Dieser ging viral. Letztlich ist daraus für Deloitte ein 300’000-Euro-Folgeprojekt entstanden – aufgrund eines einzigen Posts.

Kannst du es persönlich monetarisieren?

Corporate Influencing ist die neue Ära des Influencer Marketings – nur deutlich qualitativer. Auch die Postings lassen sich monetarisieren. Es ist zudem ein Plus in Gehaltsverhandlungen und Bewerbungsgesprächen.

Wie hart verhandelst du denn deinen Lohn?

Das fällt mir nicht immer leicht. Aber ich habe gelernt, klar aufzuzeigen, welchen Wert ich der Firma bringe. Ich zeige das auch dem internen Tech-Bereich auf, stimme mich mit ihnen ab und habe mittlerweile einen sehr guten Austausch. Generell ist es für uns Frauen wichtig, dass wir offener über Geld reden, auch über unser Gehalt, uns Tipps und Tricks geben.

Wie wichtig ist dir Geld?

Geld ist mir nicht wichtig, Anerkennung ist mir wichtig. Ich bin der Ansicht, dass man zuerst wachsen, etwas erschaffen und erreichen soll. Und erst dann kann und sollte sich das auszahlen. Es kann die persönliche Entwicklung stören und bremsen, wenn man zu sehr «money driven» ist. Wer nur auf Geld fokussiert, vergisst seine Passion. Das Geld kommt automatisch mit dem Engagement und Einsatz.

Lara Sophie Bothur
Es kann die persönliche Entwicklung stören und bremsen, wenn man zu sehr «money driven» ist. Wer nur auf Geld fokussiert, vergisst seine Passion.

Erzähl mir von deinem erfolgreichsten Post in Zahlen?

Moment, das sehe ich hier in den Analytics. Das war ein Beitrag über Technologie gegen Foodwaste. Der hatte 6.4 Millionen Views, 91’000 Likes, 1’700 Kommentare und wurde 2’600 Mal geteilt.

Wie erklärst du dir diesen Erfolg?

Ich erziele zusammen mit dem Unternehmen Wirkung. Deloitte ist ein krasses Kollektiv. Ich profitiere von einer internationalen Marke, einem riesigen Netzwerk und unglaublichen Wissen im Rücken. Und umgekehrt profitiert Deloitte von mir und den echten Debatten, die ich anregen kann, die Marke nahbar machen. Persönliche Posts haben 50 Prozent mehr Reichweite als Posts von Unternehmen.

Wie sehr belohnen Algorithmen das Äussere?

Ich gebe immer wieder auch anderen Menschen und Themen eine Bühne. Reine Selbstdarstellerei interessiert die Menschen nicht. Sie wollen Mehrwert und Wissen, qualitativ hochwertig aufbereitete und interessante Erkenntnis-Snacks.  

Können das Unternehmen nun einfach kopieren und mit Corporate Influencer Umsätze steigern? Man hört eher vom umgekehrten Fall, dass Firmen Mitarbeiter:innen wegen Posts kündigen …

Immer mehr Unternehmen beginnen jetzt, dies aufzubauen. Viele tun sich aber schwer damit, Mitarbeiter:innen die nötige Freiheit zuzugestehen. Wer aber einschränkt, erstickt jegliche Kreativität.

Also selbst ist die Frau. Was sind deine Tipps, wie man selbst damit anfangen kann?

CHECKLISTE FÜR LINKEDIN-INFLUENCER:INNEN

Aufwand:

Als Mitarbeiterin musst du mindestens 10 Stunden wöchentlich darin investieren. (Ja, es ist Arbeit, sinnhafte und -volle Posts zu schreiben.)

Fokus:

  • Du solltest nicht für mehr als drei Hauptthemen stehen, und sie sollten zueinander passen (Beispiel: Tech for Good, Women in Tech, Corporate Influencing).
  • Gestalte dein Profil ansprechend.
  • Verwende ein hochwertiges Foto.
  • Fülle alle Informationen aus.
  • Erstelle ein Kurzprofil mit deinem Fokus.

Sprache:

  • Wähle eine Sprache, in der du konstant bleibst.
  • Auf Englisch erreichst du eine internationalere Community: Du musst entscheiden, wen du erreichen möchtest!

Posts:

  • Bleib mit dem Post in Interaktion: In der ersten Stunde wird entschieden, ob er viral geht.
  • Antworte auf alle Kommentare.
  • Video-Posts sollten immer unter einer Minute sein.
  • Aufgepasst bei mehreren Bildern, da entsteht eine Collage – schau, dass es anschaulich aussieht.
  • Das Teilen von Beiträgen bestraft der Algorithmus. Wenn du dennoch einen Beitrag teilen magst, dann schreibe eine catchy Caption dazu.

Timing:

  • Poste während der Arbeitszeit und nicht später als 19:00 Uhr.
  • Wenn du auf Englisch postest, am besten um 16.30 Uhr. Da erreichst du die Amerikaner:innen morgens und die Europäer:innen zum Feierabend.

Taggen:

  • Wenn du jemanden markierst, dann solltest du sicher sein, dass diese Person reagiert, sonst wirft es deinen Post zurück.
  • Nicht mehr als zehn People-/Company-/Hash-Tags.