Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:37
Ort:Berlin und München
Beruf:Unternehmerin, Start-up-Investorin und Autorin
Einkommen:Das variiert sehr. In manchen Monaten zahle ich mir ein gutes Gehalt aus, in manchen Monaten gar keins.
Schulden:Nicht dass ich wüsste ...
Grösster Ausgabeposten: Ich gebe für alles gerne Geld aus, das mich und das Leben schöner macht! Insbesondere für Kleidung.
Vermögen:Meine eigenen Firmen Global Digital Women (GDW) und ACI Consulting, Unternehmensanteile von Start-ups und mein Sparkonto

Welches Gefühl löst Geld bei dir aus?

Vor allem ein Gefühl der Freiheit. Ich bin mit sehr wenig Geld aufgewachsen. Deshalb war es immer mein Ziel, so viel zu haben, dass ich unabhängig leben kann. Damit meine ich, dass ich im Job das machen kann, worauf ich Lust habe. Deswegen hat Geld schon eine grosse Bedeutung in meinem Leben.

Wie wurdest du in Sachen Geld geprägt?

Eigentlich habe ich zu Hause keine Prägung zu Geld bekommen, ausser die, dass wir kaum welches hatten. Das hat dazu geführt, dass über Geld nie offen gesprochen wurde. Auch nicht im negativen Sinne, es war schlichtweg kein Thema. Ich glaube, meine Eltern sind das Motto gefahren: Lieber kein Thema als ein unangenehmes. In meinem Umfeld habe ich mitbekommen, wie Eltern für ihre Kinder Sparpläne angelegt haben, offen am Abendbrottisch darüber gesprochen haben, was sich die Kinder mit ihrem Taschengeld kaufen können, diskutierten, wohin sie in den Urlaub fahren. All das gab es bei uns nicht ...

Was hat das mit dir gemacht?

Ich hatte lange kein Gefühl für  Geld. Ich habe mich eigentlich erst zu Beginn meiner Selbstständigkeit mit dem Thema Geld auseinandergesetzt. Das war vor sechs Jahren. Ich bin also nicht erfahren, wenn es um Geld geht – ich bin eigentlich Newbie. Daher kann ich nur sagen: Je früher man sich mit Geld auseinandersetzt, desto besser.

Wie wichtig ist dir wirtschaftliche Unabhängigkeit heute?

Ich erinnere mich noch, wie ich mir meinen ersten etwas teureren Schmuck gekauft habe. Dieses Gefühl, in den Laden zu gehen, die Kreditkarte auf den Tisch zu legen und zu wissen, dass ich mir dieses Teil kaufe – dass es kein Mann für mich kauft oder sonst jemand –, das war schon das grösstmögliche Gefühl der Freiheit für mich. Nichtsdestotrotz muss ich sagen: Geld macht Spass, aber Geld mit Impact macht noch mehr Spass.

Was meinst du damit?

Das bedeutet für mich vor allem, in Start-ups zu investieren. Ich habe in zehn Female Start-ups investiert, und da sehe ich, dass ich Business mit Impact machen kann. Ich kann Kapital geben und gleichzeitig dazu beitragen, dass Gründerinnen ihren Business-Ideen nachgehen können. Für mich ist das eine wertigere Investition, als wenn ich mein Geld etwa in klassischen Aktien anlegen würde.

Tijen Onaran
Ich investiere nur in Frauen, weil ich ein Zeichen setzen möchte in dieser männerdominierten Investment-Szene.

Worauf achtest du, wenn du in Start-ups investierst?

Investieren hat für mich viel mit Vertrauen zu tun. Deshalb steht und fällt alles mit dem Menschen, der mir gegenübersitzt. In meinem Fall sind das eben Frauen. Ich investiere nur in Frauen, weil ich ein Zeichen setzen möchte in dieser männerdominierten Investment-Szene. Ich will als Frau und Angel-Investorin ein Zeichen setzen, dass es diese Fokussierung auf Gründerinnen-Teams braucht.

Und worauf achtest du bei den Geschäftsideen der Gründerinnen?

Ich investiere immer in Ideen, die im Grunde ihrer Zeit voraus sind. Das ist für mich Unternehmertum. Die grosse Kunst ist, etwas zu sehen, das noch nicht da ist. Ich meine, elleXX wurde zwar gegründet, als das Thema Frauen und Finanzen schon «en vogue» war. Aber ihr habt den Markt geöffnet. So habe ich das ähnlich im Bereich Diversität vor fünf Jahren im deutschsprachigen Raum getan. Bei Global Digital Women vernetzen wir Frauen weltweit und machen Vorbilder sichtbar. Ich habe also Diversität als Geschäftsmodell aufgezogen, bevor es die Relevanz hatte, die es heute hat.

Wie gehst du mit dem Risiko als Start-up-Investorin um? Tätigst du nur kleine Investitionen?

Meine Investitionen sind nicht klein, ich gehe nicht mit 10‘000 Euro rein. Ich investiere  auch in sehr junge Start-ups – die sind schon gegründet, stehen mit ihrem Produkt aber meistens noch am Anfang.  Diversität ist mir wichtig in meinem Portfolio: Ich habe von Weiterbildungen über VR-Brillen bis zu Pornos und Soft-Tampons alles dabei. Ich sag immer scherzhaft: Ich habe fast jeden Lebensbereich abgedeckt.

Du scheinst sehr risikofreudig zu sein. Du hast selbst schon Unternehmen gegründet und investierst in Start-ups. Wie gehst du damit um?

Am Ende des Tages glaube ich, dass nur, wer sich bewegt, auch etwas bewegen kann. Wenn ich sitzen bleibe und den Status quo nicht challenge, dann verändere ich diese Gesellschaft und Wirtschaft nicht. Mein grösster Antrieb ist es wirklich, Veränderung voranzutreiben. Dazu bin ich auch bereit, schlaflose Nächte in Kauf zu nehmen. Wobei ich sagen muss, ich hatte aufgrund einer Investition noch nie eine komplett schlaflose Nacht. Meine unternehmerische Tätigkeit hilft mir auch, dass ich mit meinen Start-up-Investitionen geduldig umgehen kann. Ich weiss, dass Selbstständigkeit ein Zustand zwischen Himmel und Hölle ist.

Tijen Onaran
Für mich gab es keine Alternative, als mutig zu sein. Das hat viel mit meinem Hintergrund zu tun: Wenn du die erste in der Familie bist, die ein Unternehmen gründet, dann bist du automatisch mutig.

Wie viel Mut hat es dich denn damals gekostet, deine eigene Firma zu gründen?

Für mich gab es keine Alternative, als mutig zu sein. Das hat viel mit meinem Hintergrund zu tun: Wenn du die erste in der Familie bist, die ein Unternehmen gründet, dann bist du automatisch mutig. Du hast noch keine Referenzgrösse, an der du dich orientieren kannst. Dann kommt bei mir noch dazu, dass ich in einem Themenfeld unterwegs bin, wo es auch Mut braucht, die Stimme zu erheben. Diversität ist nicht so ein Thema, mit  dem ich bei allen Fan-Momente auslöse – im Gegenteil.

Wie hast du dein Unternehmen finanziert? Hast du dein eigenes Geld reingesteckt?

Ich hatte damals gar kein Geld. Ehrlicherweise war das ein bisschen lebensmüde von mir, dass ich ein Unternehmen gegründet habe, ohne etwas zu haben. Ich konnte ja auch nicht zu meinen Eltern gehen. Ich weiss noch, als ich ihnen gesagt habe, ich mache mich selbstständig, da kam mein Vater ganz aufgeregt zu mir, zog aus seiner Tasche 50 Euro und sagte: «Hier, für deine Unternehmensgründung.» Es war so symbolisch dafür, dass er damit meinen Mut belohnte.

Also hattest du Investor:innen?

Mein Mann und ich haben zusammen gegründet und das Geld für die GmbH dann von seiner Mutter geliehen. Das war für mich wahnsinnig schwierig. Da mir wirtschaftliche Unabhängigkeit so wichtig ist, fand ich es schlimm, jemanden um Geld zu bitten. Ich habe auch noch nie eine Freundin nach Geld gefragt oder so. Danach hat uns die Investitionsbank in Berlin geholfen. Die gibt sogenannte Gründungszuschüsse. Das sind keine Kredite, die man zurückzahlen muss. Ich erinnere mich, als wir die Idee vor diesem Gremium gepitcht haben. Das war vor fünf Jahren, da war das Thema Diversität noch nicht so «en vogue». Dass wir es geschafft haben, diesen Gründungszuschuss zu gewinnen, der uns ermöglicht hat, ein Team anzustellen, das war schon bahnbrechend. Da dachte ich mir: Wenn so eine Runde die Idee erkennt, dann scheint es wirklich eine Idee zu sein, die funktioniert.

Wie schwierig war es für euch, an Finanzierung heranzukommen?

Sehr schwierig. Damals wusste ich noch gar nicht, dass es so etwas wie Business-Angels gibt. Ich dachte immer, dass sich Unternehmen durch Familien finanzieren, die schon wahnsinnig viel Geld haben. Einen Kredit bei der Bank kriegt man auch nur, wenn man schon Geld hat. Aber selbst wenn ich schon von Angel-Investor:innen gewusst hätte, hätte ich das Netzwerk nicht gehabt.

Tijen Onaran
Meistens ist es so, dass finanzstarke Haushalte auch starke Netzwerke haben. Damit kriegst du Jobs, Investitionen und Möglichkeiten.

Wie weit kann man in unserer Gesellschaft kommen, wenn man in ärmeren Verhältnissen aufwächst?

Es ist doppelt so hart, und es kostet dich dreimal so viel Aufwand und viermal so viel Resilienz. Du hast also schwierigere Startbedingungen. Es sind nicht nur die Finanzen: Meistens ist es so, dass finanzstarke Haushalte auch starke Netzwerke haben. Damit kriegst du Jobs, Investitionen und Möglichkeiten. Ich glaube aber auch, dass der Leistung- und Aufstiegswille viel stärker sind, wenn du eine soziale Herkunft hast wie ich.

Was treibt dich an?

Für mich war die Angst vor dem finanziellen Scheitern der beste Antrieb, um aufzusteigen. Und ich möchte einfach auch ein Vorbild sein. Ich möchte, dass junge Frauen mich sehen und sagen: «Hey, wenn ich eine coole Start-up-Idee habe, dann kann ich das schaffen.» Als ich gegründet habe, gab es keine einzige Gründerin, die einen «exotischen» Namen hatte. All diese Gründerinnen, die man da jeweils an diesen Veranstaltungen sah: Die sahen alle gleich aus, hatten einen ähnlichen Hintergrund und kamen aus einem ähnlichen Elternhaus.

Wie leicht fällt es dir, für den Wert deiner Arbeit einzustehen?

Das Allerwichtigste ist, dass man Verhandeln lernen kann. Viele Frauen denken: Ich kann das nicht, und ich werde das nie lernen. Das stimmt nicht. Ich konnte das damals auch nicht so gut, wie ich es heute kann. Heute bin ich natürlich auch in einer anderen Ausgangsposition. Aber ich habe es auch hart lernen müssen.

Wie kann man denn Verhandeln üben?

Vor dem Spiegel oder mit Freundinnen: alle Argumente in einen Topf schmeissen und schauen, welche Kontra-Argumente noch kommen könnten. Und auch diese Stille aushalten, die bei Verhandlungen oft entsteht.

Tijen Onaran
Frauen sollen gerade bei Gehaltsvorstellungen unbedingt einen Punkt oder Ausrufezeichen hinter ihre Forderungen stellen und nicht ein Fragezeichen.

Als Arbeitgeberin machst du bestimmt auch viele Erfahrungen mit solchen Verhandlungen. Was fällt dir auf?

Zwei Dinge: Erstens, dass junge Frauen manchmal Gehaltsvorstellungen haben, die viel zu niedrig sind. Da habe ich als Arbeitgeberin schon gesagt: «Du musst an deiner Gehaltsstruktur arbeiten! Erkundige dich.» Ich hätte ein schlechtes Gewissen, eine Person für einen solchen Lohn einzustellen. Zweitens, dass Frauen gerade bei Gehaltsvorstellungen unbedingt einen Punkt oder Ausrufezeichen hinter ihre Forderungen setzen sollten und nicht ein Fragezeichen. Simone de Beauvoir hat gesagt: «Wer nichts fordert, wird beim Wort genommen – und bekommt nichts.» Wenn ich etwas möchte, dann muss ich es sagen. Und das gilt auch beim Verhandeln.

Welchen Umgang mit Geld hast du heute?

Ich bin nicht verschwenderisch, aber sehr grosszügig mit Geld. Mir selbst und auch meinem Umfeld gegenüber. Für mich ist Luxus die Freiheit, zu entscheiden, wofür ich Geld ausgebe und wofür nicht. Ich finde Geiz einen «Abturner», in der Partnerschaft und in der Wirtschaft. Sparsamkeit ist etwas anderes. Aber geizig ... Meine Mutter hat immer gesagt: «Wer geizig mit Geld ist, ist auch geizig mit Emotionen.» Ich glaube, da ist etwas dran.

Tijen Onaran
Für mich ist Luxus die Freiheit, zu entscheiden, wofür ich Geld ausgebe und wofür nicht. Ich finde Geiz ein «Abturner», in der Partnerschaft und in der Wirtschaft.

Wofür gibst du gerne Geld aus?

Ahhhhh (lacht). Klamotten sind einfach meine grösste Leidenschaft. Ich sags mal so: Für alles Schöne. Für alles, was das Leben und mich schöner macht, gebe ich gerne Geld aus. Das ist für mich auch eine Art Belohnung. Und zusätzlich zu den materiellen Sachen ist der grösste Luxus für mich Zeit. Ich erkaufe mir auch Zeit, indem ich mal ein Wochenende mit meinem Mann und den Hunden wegfahre. Und last but not least: Die Wohnung meiner Eltern, die sie irgendwann mal gekauft haben, als sie ein bisschen Geld hatten. Ihr grösster Traum war immer, ihre eigene Wohnung zu haben. Als ich diesen Kredit übernehmen und sie dann noch in ein schickes Restaurant in Karlsruhe einladen konnte und sagte: «Sucht euch aus, was ihr möchtet – das war für mich die grösste Erfüllung.»