Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
CashDigital Payment
SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:35
Ort:Zürich
Beruf:Musikerin und Gesangslehrerin
Einkommen:monatlich fix 4600 Franken brutto und unregelmässiges Einkommen aus der
Schulden:keine
Grösster Ausgabeposten:Musikproduktion
Vermögen:Säule 3a, Sparkonto

Dein aktueller Song heisst «Money On My Mind». Worum geht es in dem Lied?

Es geht darum, wie Geld das künstlerische Schaffen hemmen kann. Ich habe selbst lange damit gehadert, dass man als Künstlerin immer mit dem Thema Geld beschäftigt ist. Entweder macht man das, was man von Herzen gern macht, aber verdient dabei nicht so viel. Oder man folgt dem Wunsch nach finanzieller Sicherheit und muss dafür beim künstlerischen Schaffen Abstriche machen. Eine Balance zu finden, war lange herausfordernd für mich.

Wie hast du das für dich gelöst?

Ich habe festgestellt, dass ich eine gewisse Sicherheit brauche, um mich in meiner Kreativität frei zu fühlen. Ich möchte zu einem gewissen Teil wissen, wie viel Geld Ende Monat reinkommt. Das schaffe ich dank einem 50-Prozent-Pensum an zwei Musikschulen als Gesangslehrerin. Die anderen 50 Prozent bin ich Musikerin. Mein Wunsch ist aber, dass ich irgendwann von der Musik leben kann oder dass ich mir zumindest bei meinem künstlerischen Schaffen nicht mehr dauernd Sorgen ums Geld machen muss und nicht ständig mehr ausgebe, als ich dort verdiene.

Miriana Hochreutener
Ich frage mich immer mal wieder, wie hohe Investitionen ich noch tätigen soll, ob sie sich lohnen und ob sie sich jemals auszahlen werden.

Wie viel verdienst du aktuell mit deiner Musik?

Ich investiere derzeit deutlich mehr, als ich einnehme.

Von was für Beträgen reden wir da?

Ich habe hohe Produktionskosten. Das liegt daran, dass ich mit erfahrenen und guten Produzenten zusammenarbeite. Konkret kostet mich ein Song in der Produktion mit Mix, Mastering, eigenem Vertrieb und Radio-Promotion gut 5000 Franken. Meine Arbeit und meine Zeit sind da noch nicht eingerechnet. Es fliesst also wirklich viel Geld in meine Musik und noch nicht so viel zurück.

Stresst dich das?

Immer wieder. Ich frage mich regelmässig, welche Investitionen ich noch tätigen soll, ob sie sich lohnen und ob sie sich jemals auszahlen werden. Ich bin realistisch. Die Chance, dass alles, was ich jetzt ausgebe, eines Tages zurückkommt, ist nicht sehr gross. Aber man weiss es eben nie. Es kann sein, dass ein Song einschlägt, und alles sieht anders aus. Es ist ein ständiges Abwägen und Hoffen.

Hast du dir eine finanzielle Grenze gesetzt, wie viel du investieren willst?

Aktuell verfolge ich eine neue Strategie: Ich bringe nur noch Singles raus. So funktioniert der Streaming-Markt. Ich habe derzeit sechs fertig produzierte Songs. Drei davon sind schon veröffentlicht. Mein Plan ist, dass ich plus minus alle zehn Wochen einen neuen Song herausbringe, mit dem Ziel, die Streamingzahlen zu steigern und dadurch mehr Veranstalter oder Clubs auf mich aufmerksam zu machen. Ich möchte kontinuierlich wachsen und diesen Rhythmus eine Weile verfolgen. Weil aber die Produktionskosten dermassen hoch sind, habe ich mir eine Frist gesetzt bis Ende 2024. Dann ziehe ich Bilanz. Ich hoffe sehr, dass bis dahin ein Kreislauf entsteht und ich neue Songs mit Einnahmen von meiner Musik finanzieren kann.

Wie finanzierst du deine Songs denn heute?

Den Grossteil der Kosten bezahle ich aus meiner eigenen Tasche. Ich habe Geld gespart, um Musik machen zu können, und ich lebe ziemlich bescheiden. An öffentliche Gelder oder an Stiftungsgelder zu kommen, ist schwieriger geworden, da die Anträge seit Corona gestiegen sind. Vor allem, wenn man im Pop-Bereich tätig ist.

Wie könntest du als Musikerin am meisten verdienen?

Wenn ich im Radio gespielt werde. Je mehr man gespielt wird, umso mehr Geld bekommt man von der Urheberrechtsgesellschaft Suisa. Die andere Möglichkeit sind Auftritte, auch dort bekommt man Geld von der Suisa. Je grösser die Auftrittsorte, je öfter die Songs im Radio gespielt werden, desto mehr Geld verdient man als Musiker:in.

Miriana Hochreutener
Musik hat heute viel weniger Wert als früher. Eigentlich hat sie sogar viel zu wenig Wert.

Die Eintritte bei Konzerten rechnen sich nicht?

Das hängt davon ab, was für Konzerte man spielt. Aber wenn man eher im kleinen Rahmen auftritt und die Eintrittspreise nicht so hoch sind, verdient man kaum etwas daran. Ich habe schon einige Konzerte gespielt, bei denen mein Schlagzeuger und ich am Ende des Abends je 200 Franken bekommen haben. Das ist mir heute zu wenig. Darum mache ich das nicht mehr.

Wird Musik heute finanziell genügend wertgeschätzt?

Nein, Musik hat heute viel weniger Wert als früher. Eigentlich hat sie sogar viel zu wenig Wert. Das finde ich traurig. Ein Streamingdienst-Abo kostet rund 13 Franken pro Monat. Für diesen Betrag kann man praktisch alle Musik der Welt hören. Täglich erscheinen rund 100'000 neue Songs. Auf Spotify verdient man als Künstler:in pro gestreamtem Song 0,003 Franken. Ein Stream zählt erst ab Sekunde 30. Wie soll man sich da als Künstler:in behaupten? Ausserdem läuft heute läuft fast immer und überall Musik. Sie ist total selbstverständlich. Man konsumiert sie einfach, ohne dafür wirklich bewusst Geld auszugeben. Das war früher anders.

Sprichst du häufig über Geld?

Geld ist ein Thema, das mich schon ziemlich beschäftigt. Darum rede ich auch mit Freund:innen und Bekannten regelmässig darüber. Natürlich erzähle ich nicht allen alles. Aber wenn es beispielsweise um Produktionskosten oder andere berufliche Themen geht, bin ich sehr offen. Ich finde solche Gespräche manchmal emotional etwas anstrengend. Weil ich hin und wieder das Gefühl habe, zu viel preisgegeben zu haben, oder weil ich mich schlecht fühle, dass ich nicht so viel Geld habe.

Miriana Hochreutener
Ich wünsche mir einen Kreislauf für mein musikalisches Schaffen. Ich möchte nicht mehr privates Geld in meine Musik stecken, sondern das Geld, das ich mit meiner Musik verdiene, reinvestieren.

Gibt es einen Glaubenssatz, der dich in Bezug auf Geld geprägt hat?

Musikerin sein ist ein brotloser Job. Das ist ein Glaubenssatz, der bei mir schon tief sitzt und mit dem ich oft gehadert habe. Ich habe mich immer mal wieder gefragt, ob ich nicht besser einen anderen Weg wählen sollte, und habe deshalb mit angezogener Handbremse meinen Weg als Ana Scent verfolgt. Im letzten Jahr habe ich versucht, mich von diesem Glaubenssatz zu lösen. Deshalb habe ich auch zwei Songs geschrieben, die davon handeln. Das war ziemlich befreiend.

Wie haben deine Familie und dein Umfeld darauf reagiert, dass du Musikerin werden willst?

Meine Eltern waren davon nicht immer begeistert. Sie haben sich Sorgen gemacht, dass ich nicht genügend Geld verdiene. Ich kann das verstehen, nur hat mir dies mit meinen eigenen Zweifeln nicht geholfen. Sie haben mich finanziell trotzdem immer unterstützt, und sie haben mich früh motiviert, einen Nebenjob zu finden. Ich hatte auch selbst den Wunsch, mein eigenes Geld zu verdienen und meinen Beitrag zu leisten. Darum hatte ich schon als Teenager Nebenjobs.

Was hast du gearbeitet?

Allerlei. Ich habe bei der Kürbisernte und Erdbeersaat mitgeholfen auf dem Bauernhof der Cousine meines Vaters. Da war ich in der Sekundarschule, und das hat mir sehr gefallen. Während dem Gymnasium war ich Hauswartin im Pfarrhaus, und zwischendurch habe ich an der OLMA und der OFFA, den beiden Messen in St. Gallen, gearbeitet. Nach der Matura und während dem Bachelorstudium hatte ich während fünf Jahren einen Nebenjob in der Fabrik-Konditorei bei Coop. Zudem habe ich bei der Post beim Briefversand und im Backoffice gearbeitet. Am Ende meines Masterstudiums habe ich in einem Musikklub an der Bar gearbeitet und war auch zwischendurch Abendverantwortliche für Konzerte und Clubnächte. Und nach dem Studium war ich noch fast ein Jahr in einem Kafi tätig, bis ich dann ein genügend grosses Pensum an den Musikschulen hatte.

Was ist dein Wunsch für deine finanzielle Zukunft?

Ich wünsche mir einen Kreislauf für mein musikalisches Schaffen. Ich möchte nicht mehr privates Geld in meine Musik stecken, sondern das Geld, das ich mit meiner Musik verdiene, reinvestieren. Das wäre mein grösster Wunsch. Ich brauche auch keinen grossen Gewinn, aber ich möchte weitermachen können. Das Schreiben, Produzieren und die Musik im Allgemeinen machen mir so viel Freude. Es ist meine Leidenschaft.