Persönlichkeit
KnauserigGrosszügig
Sparer:inInvestor:in
HaushaltsbuchBauchgefühl
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SparkontoAktien
FrankenBitcoin
Hintergrund
Alter:49
Kinder:2
Beruf:Ärztin, Reproduktionsmedizinerin, Firmeninhaberin
Einkommen:höher als das schweizerische Durchschnittseinkommen und höher als das, was rund 90 Prozent der Frauen in der Schweiz verdienen
Schulden:keine
Grösster Ausgabeposten:Miete, Steuern und Sport
Vermögen:eine eigene Firma

Du begleitest als Reproduktionsmedizinerin Paare auf ihrem Weg zum eigenen Kind. Dieser Weg ist kostspielig. Ist Kinderkriegen eine Frage des Geldes?

Nein, nicht grundsätzlich. Es ist nicht so, dass künstliche Befruchtung nur ein Privileg für Reiche ist. Ich habe in meiner Karriere selten erlebt, dass jemand aus finanziellen Gründen ganz auf den Kinderwunsch verzichtet hat.

Wie viel kostet denn eine künstliche Befruchtung?

Die Kosten für eine Kinderwunschbehandlung sind je nach Zentrum und Standort unterschiedlich. Bei uns kostet eine Behandlung zwischen 7000 und 9000 Franken. Das ist die erste und teuerste Behandlung einer In-Vitro-Fertilisations-Therapie (IVF). Damit erhält man die erste Chance auf eine Schwangerschaft. Man muss wissen, dass viele Frauen mehrere Behandlungen brauchen, um ein Kind zu bekommen. Im Schnitt haben Paare und Frauen mit rund 10'000 bis 12'000 Franken eine sehr gute Chance, schwanger zu werden. Je älter die Frauen sind, umso teurer wird es. Auch zusätzliche, personalisierte Therapien mit weiteren Möglichkeiten können teurer werden.

Aber das können sich nicht alle einfach so leisten.

Es geht sicher zum Teil um die Frage, ob man sich eine solche Behandlung leisten kann oder nicht. Und natürlich sehe ich nur die Paare, die zu mir kommen. Ich weiss darum nicht, wie viele vorher bereits sagen: Ich kann mir das nicht leisten, ich muss auf meinen Wunsch verzichten. Natürlich spielen die finanziellen Möglichkeiten eine Rolle, wenn es darum geht, wie weit ein Paar oder eine Frau geht. Spannend finde ich, dass die Kosten sehr unterschiedlich bewertet werden.

Anna Raggi
Ich habe Paare gesehen, die sehr wenig Geld zur Verfügung haben. Ihr Kinderwunsch ist aber so stark, dass sie alles, was sie haben, dafür ausgeben.

Wie meinst du das?

Es geht um den Stellenwert, den Paare der Familiengründung geben. Ich habe Paare gesehen, die sehr wenig Geld zur Verfügung haben. Ihr Kinderwunsch ist aber so stark, dass sie alles, was sie haben, dafür ausgeben. Diese Paare finden die Kosten für eine Behandlung oft nicht hoch. Für manche ist dieser Wunsch so zentral, dass sie viel mehr Geld in die Hand nehmen, als sie sich eigentlich leisten können. Auf der anderen Seite gibt es gutsituierte Paare, die sich gewohnt sind, viel Geld auszugeben, die die Kosten aber als sehr hoch empfinden – obwohl sie es sich gut leisten können. Ich kann darum nicht sagen, dass eine Kinderwunschbehandlung nur etwas für Privilegierte ist. Wer wenig Geld hat und unbedingt ein Kind will, verzichtet auf anderes wie beispielsweise Ferien. Die Kosten hindern die wenigsten daran, eine Therapie zu starten. Viel grösser ist die Angst vor Misserfolgen.

Damit wären wir beim nächsten Thema. Wie hoch sind die emotionalen Kosten?

Die sind sehr hoch und nicht messbar. Für viele sind sie wesentlich höher als die effektiven Kosten für die Behandlung. Dabei geht es nicht allein um die Emotionen, sondern auch um Zeit und Aufwand. Wer sich für den Weg einer künstlichen Befruchtung entscheidet, fehlt regelmässig bei der Arbeit, muss je nachdem Reisen auf sich nehmen, macht Abstriche in der Freizeit. Bei gewissen Frauen oder Paaren kommen auch noch Kosten für psychologische Unterstützung oder sogar eine Paartherapie dazu.

Wie weit sind Paare da bereit zu gehen?

Das ist sehr individuell, und manche Paaren kennen keine Grenzen. Da müssen wir die Grenzen setzen. Als ich eine junge Oberärztin war, hatte ich bereits Kinder, aber nicht viel Geld. Immer, wenn ich Paare getroffen haben, die den Weg einer künstlichen Befruchtung gewählt haben, dachte ich mir: Wie machen die das bloss? Ich wüsste nicht, woher ich die Zeit, das Geld und die Energie dafür nehmen würde. Man darf dabei aber nicht vergessen: Meist schlagen Paare diesen Weg ein, die schon eine Weile probieren, schwanger zu werden, die einige Jahre voll verdient und keine Kinderkosten haben. Das ist eine völlig andere Ausgangslage.

Und finanziell?

Auch das ist sehr unterschiedlich. Es gibt Paare oder Frauen, die wollen nicht aufhören. Die geben am Schluss über 50'000 Franken aus. Andere können oder wollen nicht so weit gehen. Die setzen sich eine zeitliche oder eine finanzielle Grenze. Das ist eine Frage der Prioritäten. Das Geld ist aber meistens nicht so ein zentrales Thema. Ich habe es selten erlebt, dass jemand sich darüber beklagt, wie viel Geld sie ausgegeben haben.

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Wann kommt das Thema Geld bei deiner Arbeit auf?

Wir reden meistens sehr früh über Kosten der Behandlungen. Weil jede Behandlungsart gewisse Kosten mit sich bringt. Darüber müssen wir aufklären. Und auch über die Möglichkeiten der Finanzierung, wie beispielsweise Ratenzahlungen, mit denen wir sehr gute Erfahrung gemacht haben.

Fällt es Paaren leicht, mit dir über ihre finanzielle Situation zu reden?

Die meisten haben keine Mühe, darüber zu sprechen. Wahrscheinlich auch, weil ihnen bewusst ist, dass ihr Kinderwunsch mit Kosten verbunden ist. Ich muss aber auch sagen, dass die Finanzen in den Gesprächen wirklich nicht das Hauptthema sind.  

Du hast selbst Kinder. Hast du dir Gedanken ums Geld gemacht, als du dich entschieden hast, eine Familie zu gründen?

Ich bin eine sehr spontane, intuitive Person. Ich plane nicht und überlege mir bei Entscheidungen nicht viel im Voraus. Mein Ex-Partner und ich haben uns damals bereit gefühlt für Kinder und dann haben wir eine Familie gegründet. Wir haben uns nicht überlegt, ob es finanziell reicht oder nicht. Das Geld war kein Thema.

Und hat es gereicht?

Jein. Mein Ex-Partner hatte damals nicht die Möglichkeit, viel zu verdienen, und er war auch nicht sehr motiviert, Vollzeit zu arbeiten. Sein Beruf als selbstständiger Möbeldesigner liess sich gut mit der Kinderbetreuung vereinbaren. Wir haben uns gemeinsam entschieden, dass ich meine Karriere vorantreibe und er die Kinder zum grössten Teil betreut. Sie waren aber auch in der Kita. Wir haben gelernt, mit wenig Geld zu leben. Aber wir hatten genug, und das Geld hat uns nie beschäftigt.  

Es gibt Paare oder Frauen, die wollen nicht aufhören. Die geben am Schluss über 50'000 Franken aus.

Welche Beziehung hast du zu Geld?

Ich befasse mich nicht gerne mit Geld. Geld überfordert mich.

Inwiefern?

Beim Thema Geld gibt es immer viele Dinge, um die man sich kümmern muss: Vorsorge, Anlegen, Sparen. Das überfordert mich. Gleichzeitig hätte ich gerne etwas mehr Geld. Ich würde mir gerne ein eigenes Haus leisten können, habe mir aber nie die Zeit genommen, um zu überprüfen, was möglich ist und was nicht oder was ich mit meinem Geld machen könnte. Als Ärztin und Gründerin einer Firma verdiene ich gut und habe ein schönes Leben. Mein Lohn ist allerdings nicht zu vergleichen mit gewissen Löhnen beispielsweise aus der Finanzbranche.

Du investierst also nicht?

Ich schaue, dass ich eine gute Pensionskasse habe. Und ich investiere mit meiner dritten Säule. Ansonsten investiere ich nicht. Es interessiert mich irgendwie zu wenig, ich habe zu wenig Zeit dafür und mir fehlt die Leidenschaft, obwohl ich manchmal durchaus Lust dazu hätte. Gleichzeitig widerstrebt es mir auch etwas.

Warum das?

Ich finde es irgendwie nicht gut, wenn man mit Geld noch mehr Geld verdient. Man sollte meiner Meinung nach mit Leistungen Geld verdienen.

Stresst dich Geld?

Nein. Ich lasse mich von Geld nicht stressen. Das war schon immer so. Auch als wir unser Kinderwunschzentrum in Olten gegründet haben. Wir waren damals quasi ein Start-up. Aber auch da war ich sehr gelassen. Ich hatte nie schlaflose Nächte.

Wann hast du dich wegen Geld gestritten?

Auch das nicht. Ich bin sehr grosszügig. Auch bei der Trennung von meinem Mann war Geld kein Streitpunkt. Weil ich weiss, dass ich finanziell unabhängig bin und immer war. Darum muss ich mich nicht um Geld streiten. Es wäre auch zu schade, die Zeit und das wertvolle Leben, das wir haben, dafür zu verschwenden.

Beim Thema Geld gibt es immer viele Dinge, um die man sich kümmern muss: Vorsorge, Anlegen, Sparen. Das überfordert mich.

Wer hat mit dir als Kind über Geld gesprochen?

Ich bin in einer gutbürgerlichen Familie aufgewachsen, mit dem Privileg, dass Geld für uns kein Thema war. Wir hatten nicht enorm viel, aber wir hatten genug und sind grosszügig damit umgegangen. Darum haben wir gar nicht so viel über Geld gesprochen. Wenn, dann hat meine Mutter mit mir über Geld geredet. Sie hat die Finanzen der Familie verwaltet.

Gab es einen Leitsatz, den du mitgenommen hast?

Es gab mehrere Leitsätze. Einer war: Nur weil du viel Geld hast, musst du nicht viel ausgeben. Oder: Was manchmal auf den ersten Blick mehr kostet, ist längerfristig günstiger. Ich kaufe lieber ein teureres Stück, das qualitativ hochwertig ist und lange hält, als viele billige Produkte, die bald kaputt sind. Und schliesslich wurde mir Grosszügigkeit vorgelebt. Wir haben das Geld in der Familie grosszügig ausgegeben, aber nicht sinnlos. Ich würde sagen, ich halte mich noch heute an diese Grundsätze.

Was hast du deinen Kindern über Geld beigebracht?

Meine Kinder sind 19 und 14 Jahre alt. Ich habe ihnen beigebracht, dass man für sein Geld arbeiten muss. Und das haben sie auch immer bei mir gesehen. Mir war ausserdem wichtig, ihnen zu zeigen, dass es das Beste und Schönste ist, wenn man sein Geld mit etwas verdienen kann, das man gerne macht.

Mit wem redest du sonst noch über Geld?

Mit meinen Geschäftspartner:innen, meiner Mutter und meinem Freund und mit meiner Finanzberaterin.

Ist Geld ansonsten in deinem Umfeld ein Tabuthema, oder wird da offen darüber gesprochen?

Ich lebe in Basel, einer sehr protestantischen Stadt. Wie man mit Geld umgeht, ist sehr unterschiedlich. Ich erlebe, dass die Menschen, die gut verdienen, es auch gerne zeigen – mit teuren Accessoires, Autos oder Reisen. Gleichzeitig reden sie aber nicht gerne über konkrete Zahlen wie ihren Lohn oder das Vermögen. Ich selbst bin eher stolz darauf, wenn ich ein Schnäppchen gemacht habe. Das ist wohl kulturell bedingt und kommt von meiner südschweizerischen Seite.

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Wie viel verdienst du?

Mein Einkommen ist höher als das schweizerische Durchschnittseinkommen und auch höher als das, was rund 90 Prozent der Frauen in der Schweiz verdienen. Das kommt so ziemlich genau hin.

Wie hast du deinen ersten eignen Franken verdient?

Ich glaube, das war mit so kleinen Darbietungen an Familienfesten. Da haben wir Kinder Kunststücke oder Theater aufgeführt und dafür einen kleinen Eintritt verlangt.

Wofür gibst du am meisten Geld aus?

Meine grössten Posten sind Miete und Steuern. Ich leiste mir aber auch gerne etwas. Ich mache gerne Ferien an schönen Orten und in guten Hotels, Sport mache mich mit einem Personal Trainer, und ich gehe gerne gut essen und trinken. Da habe ich keine Hemmungen, Geld auszugeben und grosszügig zu sein. Ich muss dazu sagen, dass ich mir privat noch nie ein Budget gemacht habe.

Nie in deinem ganzen Leben?

Nein, nie. Ich weiss immer in etwa, wie viel ich zur Verfügung habe und wie weit ich gehen kann. Und in diesem Rahmen bewege ich mich ganz frei. Das ist für mich Freiheit und ein grosses Privileg.

Sparst du auf etwas?

Ich hätte gerne ein Haus am See in Lugano.